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Insidertrading-Verdacht beim Giebelkreuz

Den 22. Februar 2010 werden 15 Raiffeisenmanager so schnell nicht vergessen: Zwei Jahre später wirft die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Managern Insiderhandel vor, «bescheidene» 87.000 Euro sollen illegal verdient worden sein. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil dürfen die beschuldigten Manager der ehemaligen Bauernselbsthilfe-Organisation die geltende Unschuldsvermutung beanspruchen.Die Raiffeisen Zentralbank (RZB) ist das Spitzeninstitut des Raiffeisenkonzerns, bestimmende Eigentümer sind die Raiffeisen-Landesbanken. Die Raiffeisen Bank International (RBI) war zum Teil eine Tochter der Landesbanken und der RZB, ein weiterer Teil der Aktien der Bank wird an der Börse gehandelt. Seit Längerem gab es Pläne, das Verhältnis Mutter-Tochter zu beenden und aus den beiden Instituten eine Bank zu machen, zu fusionieren. An der Börse gibt es feste Spielregeln, den Anlegern wird suggeriert, alles gehe «fair», «korrekt», «transparent» von statten (hat aber nichts mit Stronach zu tun). So sind Vorstände einer Aktiengesellschaft verpflichtet, das Publikum über bevorstehende wesentliche Änderungen zu informieren. Derartige Änderungen können Aktienkurse stark beeinflussen, und wer über die entsprechenden Informationen verfügt, kann, wenn er diese Informationen zum richtigen Zeitpunkt einsetzt, große Verluste vermeiden oder fette Gewinne einstreifen. Selbstredend dürfen handelnde Manager derartige Informationen vor einer allgemeinen Bekanntgabe nicht an einzelne Käufer oder Verkäufer von Aktien weitergeben oder zu ihrem eigenen Vorteil nutzen.

Jetzt hat die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Verdacht, in den Büros der Raiffeisenmanager seien diese Regeln schlicht und einfach missachtet worden, überprüft und ermittelt. Am 22. Februar 2010 wurde abends, nach Börseschluss, eine Mitteilung bekanntgegeben, nach der die Raiffeisengremien ins Auge fassten, RZB und RBI zu fusionieren. Die Kursdaten der RBI zeigten für diesen Tag nichts besonders Spektakuläres: Der Handelstag eröffnete mit 39,92 und schloss mit 39,75, ergibt also ein Minus von 17 Eurocent pro Aktie, eine durchaus normale Bewegung am Handelsparkett. Als abends die Mitteilung die Anleger erreichte, disponierten die entsprechend: In den folgenden drei Handelstagen ergab sich ein Minus für die Aktie von 21 %. Wer vor der Mitteilung verkaufte, konnte einen Verlust von einem runden Fünftel der Anlage verhindern. Wer wusste von der bevorstehenden Mitteilung?

Insidertrading-Kriterien erfüllt

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat sich unzählige Börsenorders angeschaut, und daraus ergab sich der Verdacht, dass sich mit dem Geschehen Vertraute ihr Wissen zunutze machten und am 22. Februar 2010 Verkaufsorders gaben. Vorteil: 87.000 Euro. Konkret nennt die Korruptionsstaatsanwaltschaft 15 Raiffeisenmanager und sagt dazu, Vorstände oder Aufsichtsräte des Konzerns seien nicht dabei. Sehr beruhigend für die Raiffeisengenossenschafter, dass die Chefs nicht als Insiderhändler in der Zeitung und mit einem Fuß im Kriminal stehen. Weniger beruhigend für den gesamten Konzern, wenn einzelne Manager auch nur in die Nähe von Insidertrading gerückt werden, egal ob die verdienten Summen groß oder klein sind (sind 87.000 Euro viel Geld? Für Mitt Romney sicher nicht, für einen Bezieher der bedarfsorientierten Mindestsicherung sind das mehr als hundert Monatsbezüge).

Der Begriff Insiderinformation ist im § 48a des Börsegesetzes definiert und muss laut FMA folgende Kriterien aufweisen: «Sie muss eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information sein. Sie muss mit einem oder mehreren Emittenten oder einem oder mehreren Finanzinstrumenten direkt oder indirekt in Zusammenhang stehen. Sie muss geeignet sein, bei ihrer Veröffentlichung den Kurs eines Wertpapiers erheblich zu beeinflussen. Sie muss so beschaffen sein, dass ein verständiger Anleger sie wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.» Damit wird ziemlich genau die Bekanntgabe der möglichen Fusion von RZB und RBI vom 22. Februar 2010 beschrieben.

Der «Code of Conduct», die Benimmregeln des Raiffeisenkonzerns, wurden im Rahmen dieser Serie bereits mehrfach angesprochen. Nach den Regeln dieses privaten Kodexes wäre ein Verhalten, wie von den erwähnten 15 Managern geliefert, völlig ausgeschlossen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft verlässt sich lieber auf das Strafrechtsbuch in seiner gültigen Fassung. Im Menue stehen auf Insidertrading bis zu fünf Jahre Gefängnis.