Wo das Schreiben aufhört und das Zeichnen beginntArtistin

Art Brut aus Japan:

Als ihm die Filmkamera zu nahe kommt, klettert Masao Obata in sein Bett mit den dunkelroten Kunstleder-Stützkissen und nimmt sich einen riesigen gelben Teddybären auf den Schoß. Rot ist die Farbe des Glücks, sie leuchtet lebendig. Sich rot anziehen ist gut, denn dann sehen einen die Leute besser, tönt es hinter dem Schutzbären hervor. Obata malte heimlich ganze Nächte auf Rillenkartons der Anstaltsküche. Wegen Platzmangels beim Schlafen verbrannte das Personal die roten Bilder, die er im Bett hortete. Art-Brut-KünstlerInnen leben ihre Obsessionen aus, die schon Elias Canetti als das Beste an sich bezeichnete. Rituale schaffen Geborgenheit. Takanori Herai wirkt glücklich und zufrieden mit seinen geheimnisvollen Tagebüchern in ihrer mysteriösen Mischung von Schrift und Zeichnung.Diese Art-Brut-KünstlerInnen würden am Rande der Gesellschaft leben, steht im Katalog doch Obata reflektiert gesellschaftliche Ereignisse wie den Angriff auf Hiroshima. Außerdem holt er aus seiner Erinnerung populäre Traditionen, die er erforscht und transformiert. Der ehemalige Wanderarbeiter Eijiro Miyama wendet sich in Straßenperformances gegen Nationalismus und Selbstmorde von Kindern, die dem Leistungsdruck nicht standhalten: Ich habe mein Leben mit gesenktem Kopf verbracht und entschied mich den Kopf zu heben. Chiyuki Sakagami bindet sich in ihren Punkte-Zeichnungen in die Welt vor Millionen Jahren im präkambrischen Meer mit seinen vulkanischen Inseln ein. Diese KünstlerInnen stehen auf beiden Beinen in einem eigenen schöpferischen und verarbeitenden Zugang mitten in der Gesellschaft. Wenn z. B. Yoshimitsu Tomizuka Zeichnungen auf fremdsprachigen Zeitungen aus aller Welt verfertigt, überziehen seine Schriftzeichen die sensationalistische Nachrichtenwelt mit neuen Nachrichten freies Leben entsteht mitten im alten. Wenn diese Künstler Ressourcen und Raum abkriegen, reagieren sie wie Fische im Wasser, unterstreicht Yoshiko Hata, künstlerischer Direktor des Borderless Art Museum NO-MA in Shiga.

Info:

Im Kunsthaus Wien bis 18. Oktober