Wörter, die klingenArtistin

Literatur

sie steigt aus dem Nachtkino / schwebt /
zwischen da und dort / döst eine Weile / und möchte zurück

Mit dem Aufwachen, dem Bereich zwischen Traum und Bewusstsein, beginnt ein Tag von Josefine O., so beginnt auch Li Mollets weiße Linien. Die Schweizer Autorin schreibt, was Josefine O., eine ältere Frau, an einem Tag erlebt, empfindet, sieht, hört, wie sie sich durch ihre Wohnung und ihre Stadt bewegt. Ein kleines Mädchen, die Frau mit der leisen Stimme, ein Mann und ein ich sind die Protagonist_innen der Texte, die die Geschichte des Tages von Josefine O. unterbrechen oder in einem geheimnisvollen Dialog dazu stehen. «Meine Lust ist es, Wörter zum Klingen zu bringen, sage ich» und «Ich schaukle Sätze, tausche Wörter, höre den Klang, misstraue ihm», heißt es in weiße Linien. Die Worte Li Mollets klingen, die Wortkomposition ist nach strengen Regeln gesetzt. Es ist ein Gewebe der Wahrnehmungen der Stadt, der Leute, der Krähen, Hunde und Tauben, der Fahrzeuge, Gebäude und Bäume, des Miteinander, des Nebeneinander und der Gedanken.

Li Mollet: weiße Linien
Ritter Verlag 2021
80 Seiten, 11,90 Euro

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