Wohnbeihilfe steigt!tun & lassen

Illustration: © Much

Immo aktuell (Februar 2024)

Ab März gelten in Wien neue Regelungen für die Wohnbeihilfe. Diese machen vieles einfacher und bringen Haushalten mehr Geld.

Das Leben muss ein Mensch sich bekanntlich leisten können. Ein richtig großer Brocken ist hierbei die Miete. Jeden Kalendermonat räumt sie das Konto leer, ohne Rücksicht auf die individuelle finanzielle Situation. Das österreichische Sozialsystem hat einige Instrumente entwickelt, um dagegen zu steuern. So besteht etwa ein Teil der Mindestsicherung in einer «Beihilfe zur Deckung des Wohnbedarfs». Sozialverbände wie etwa die österreichische Armutskonferenz weisen schon seit vielen Jahren darauf hin, dass derartige soziale Stützen immer weiter untergraben werden, die Repression gegen Armutsbetroffene hingegen stetig zunimmt.
Ausschließlich positiv wird die neueste Reform der Wiener Wohnbeihilfe von Organisationen wie der Arbeiterkammer Wien oder der Wiener Sozialeinrichtung Neunerhaus gesehen. Diese sei «ein weiterer wichtiger Baustein, um Menschen mit niedrigem Einkommen Zugang zu leistbarem Wohnen zu erleichtern», so Neunerhaus Geschäftsführerin Elisabeth Hammer auf Anfrage. Wohnen sei ein Menschenrecht, und somit auch «Grundlage für Housing First».
Die Wohnbeihilfe wird im Wiener Wohnbeihilfegesetz geregelt. Es handelt sich somit um eine Sozial­maßnahme der Stadt Wien, die unabhängig von der Mindestsicherung existiert. Dennoch hat die Mindestsicherung Auswirkungen darauf, ob Personen berechtigt sind, in den Bezug der Wohnbeihilfe zu kommen. Dazu später mehr, nun aber zuerst zu den Änderungen, die als «Wohnhilfe Neu» ab dem 1. März schlagend werden.

Mehr Geld, mehr Bezieher:innen

Das Budget für die Wohnbeihilfe wird aufgestockt: von derzeit 61,5 auf 151,5 Millionen Euro pro Jahr. Um herauszufinden, ob ein Haushalt für den Bezug der Wohnbeihilfe berechtigt ist, wird zukünftig die Bruttomiete herangezogen. Bislang wurde dafür die Nettomiete verwendet. Bei der Bruttomiete handelt es sich um die Hauptmiete, plus Betriebskosten, plus Umsatzsteuer. Die Nettomiete berechnet lediglich die Kaltmiete, ohne Nebenkosten. Weil diese Nebenkosten zukünftig auch berücksichtigt werden, können Bezieher:innen der Wohnbeihilfe mit entsprechend höheren Geldbeträgen rechnen.
Auch sonst kommt es zu Vereinfachungen. Die Wohnbeihilfe wird zukünftig nicht mehr zwischen privaten oder geförderten Wohnformen unterscheiden. Bislang hat das Land Wien für Bewohner:innen geförderter Wohnungen höhere Wohnbeihilfe ausgezahlt, als für Bewohner:innen privater Wohnungen. Letztere werden durch die Neuregelung gleichgestellt. Laut Angaben der Stadt Wien soll es dadurch «in zahlreichen Fällen und Berechnungen» zu einer «Reduktion der Wohnkostenbelastung auf rund ein Drittel des Haushaltsnettoeinkommens» kommen. Auch Gemeindewohnungen, sowie «Wohnungen in Wohnheimen, die von Organisationen betrieben werden, die vom Fonds Soziales Wien anerkannt werden», fallen unter die Wohnbeihilfe.
Die Berechtigung für den Bezug der Wohnbeihilfe richtet sich ausdrücklich an Haushalte, die ein Mindesteinkommen nachweisen können. Im Jahr 2023 lag es bei 1.053 Euro im Monat. Sie sei nur «für Personen gedacht, die sich ihren Haushalt selbst finanzieren können und wollen», schreibt die Stadt Wien. Gleichzeitig darf aber auch ein Maximaleinkommen nicht überschritten werden. Bislang wurden auch das 13. und das 14. Monatsgehalt zur Berechnung herangezogen. Mit der neuen Gesetzgebung fällt dies weg. Somit weitet sich die Gruppe jener Haushalte, die bezugsberechtigt sind, aus.
Auch Familien werden durch die Neuregelung gefördert. Die Familienbeihilfe wird zukünftig nicht mehr als Einkommen gezählt. Das mache einen «gewichtigen Unterschied», sagt Lukas Tockner, Referent für Wohnpolitik bei der Arbeiterkammer Wien. Es könne erwartet werden, «dass im Rahmen der neuen Wohnbeihilfe nicht nur für die äußersten Notwendigkeiten vorgesorgt wird, sondern den zukünftigen Beziehenden darüber hinaus ein gewisser, finanzieller Spiel- und Freiraum eingeräumt wird.»

Mindestsicherung

Aufpassen müssen jedoch Bezieher:innen der Mindestsicherung. Hierzu informiert die Stadt Wien lapidar: «Wenn Sie die Mindestsicherung bekommen, kann es zu einer Kürzung der Wohnbeihilfe kommen. Es kann auch sein, dass Sie keine Wohnbeihilfe bekommen.» Der Grund: Mindestsicherungsbezieher:innen werden die Wohnbeihilfe und die «Beihilfe zur Deckung des Wohnbedarfs» mit ihrer Bruttomiete gegengerechnet. Sind die kombinierten Beihilfen höher als die Bruttomiete, wird die Wohnbeihilfe gekürzt, also die Mindestsicherung zur Zahlung der Miete herangezogen.
Trotz dieser Einschränkungen wird die «Wohnbeihilfe Neu» vielen Menschen bei der täglichen Deckung ihres Lebensbedarfs helfen. Problematisch bleibt die Vorbedingung, über eigenes Einkommen aus Selbstständigkeit oder Lohnarbeit verfügen zu müssen, um anspruchsberechtigt zu sein. Interessant wäre, inwieweit die finanzielle Basis des Wiener Sozialsystems durch die neue Gesetzeslage tatsächlich ausgeweitet wird, oder ob sich an anderen Stellen Einsparungen verstecken. Denn oft steckt der Teufel in Details, die weiterer Recherche bedürfen.