Worüber lachen?Artistin

Queere Comedy in Wien

Politisch korrekte Comedy? Mag für (unsere) stereotypen Hirne erstmal fad

klingen. Aber der Name steht für Humor, der die Lachmuskeln anders kitzelt als Klischeewitze. Mit Denice Bourbon und Josef Jöchl hat Ruth Weismann über ihren PCCC – political correct ­comedy club­ gesprochen.

Fotos: Ari Yehudit Richter

«Ich wollte mit euch über klassisches Queer-Comedy-Zeug reden. Ihr wisst schon, Coming-out in den 90ern, wir hatten einen lesbischen Film ,der pro Jahr rauskam, und wenn dieser Film schlecht war, waren wir fucked.» Im Saal Gejohle und Gelächter. Was ­Towander Flagg auf der schlichten Bühne des Wiener Ateliertheaters erzählt (hier aus dem Englischen übersetzt) ist Teil ihres rund zehnminütigen Stand-Up-Comedy-Sets. Ob im Detail wahr, ist nicht so wichtig. Was zählt, ist die gute Story.

Alle Stühle sind besetzt, an jenem Abend im Ateliertheater, von einem tendenziell jungen Publikum. Viele aus der queeren Szene, und viele, denen herkömmliches Kabarett am ­Oasch geht, um es Wienerisch zu sagen. Denn hier beim Political Correct Comedy Club, kurz PCCC, ist einiges ein bisschen anders.

Aufstehen.

«Der Unterschied zwischen Kabarett und Stand-up-Comedy ist für mich, dass es im Kabarett auch darum geht, verschiedene Rollen einzunehmen, es geht mehr ums Schauspielen. Bei Stand-up-Comedy, da geht es um einen selbst», erklärt die in der queeren Wiener Szene seit langem bekannte Perfomerin Denice Bourbon, neben Josef Jöchl und Towander Flagg eine der Organisatorinnen des PCCC.

In Schweden, wo sie aufwuchs, sei Stand-up-Comedy weit verbreitet, sagt Bourbon. In Österreich regiert das Kabarett. Aber was an vielen Orten auffällt: Es sind hauptsächlich Männer auf der Bühne zu sehen. Weiße, heterosexuelle Männer. Von denen packen einige gerne mal die klischeebeladene Witzkiste aus. Ja, die schlecht einparkende Frau gibt es immer noch, und wenn männliche Comedians Kinder bekommen, sind Kalauer, die die Diskrepanz ihrer früheren Tätigkeiten (einschlägig wo hinstarren) mit den jetzigen (Windel wechseln) schenkelklopfend vergleichen, keine Seltenheit.

Es gibt in der Stadt sogar eine englischsprachige Stand-up-Comedy-Szene. «Aber auch hier dauerte es bei vielen Veranstaltungen, bei denen wir waren, meist keine zehn Minuten, bis der erste rassistische oder sexistische Witz fiel», erzählt Josef über die vorbereitenden Recherchen. Auch Kabarettisten, die Frauen imitieren, in dem sie die Stimme hochpitchen und Ähnliches, stehen immer noch ab und an auf Bühnen rum.

Auf einer Party beschlossen Josef und Denice daher, gemeinsam einen Comedy-Club auf die Beine zu stellen – um auch mal wo hingehen zu können, um zu lachen. Josef: «Weil, die Kunstszene in Wien lacht nur beim Vorglühen in der Wohnung.» Denice: «Wir waren aber sehr lustig an diesem Abend!»

Im Februar 2017 war PCCC-Premiere, acht Acts sind für jeweils circa zehn Minuten auf der Bühne. Der Anspruch: Das Publikum zum Lachen bringen, ohne jemanden zu beleidigen. Nicht sexistisch, nicht homophob, nicht rassistisch, nicht ableistisch und so weiter. Dass Humor nicht möglich sei, ohne andere nicht nur in die Pfanne, sondern mitunter hart aufs Pflaster knallen zu lassen, wird ja immer wieder behauptet. «Aber die Frage ist: Wen beleidigt man? Es ist sehr einfach, Stereotypen heranzunehmen, aber die können betroffenen Menschen sehr wehtun», sagt Denice. Das PCCC-Motto ist daher: Rauftreten, nicht runtertreten. Denn über die weiße hetero-kapitalistische Gesellschaft kann man schon herziehen.

Witze finden.

Ist es schwierig, lustig zu sein, ohne jemanden zu beleidigen? Die PCCC-Macher_innen verneinen das. «Es wird ja über manche Kabarettist_innen gesagt: Toll, der ist total politisch unkorrekt, alle kriegen ihr Fett ab, aber wir finden: Das ist einfach nur faul. Man kann auch andere Witze machen», meint Josef. «Es ist nicht schwer, man muss sich nur ein bisschen anstrengen», ergänzt Denice. «Aber es ist nicht schwer, kein Arschloch zu sein.» Wer lustig ist und wer nicht, hängt beim PCCC jedenfalls nicht von Erfahrung und Qualifikation ab. Für das Line-up fragt das Team Bekannte. Menschen, die also auch im Alltag den Schmäh drauf haben. Stefanie Sourial etwa ist öfters dort zu sehen, auch Dutzi Ijsenhower, der sich schon als Drag Queen einen Namen gemacht hat. Und natürlich die Veranstalter_innen selbst. «Die Hälfte der Leute, die bei uns auftreten, war zuvor noch nie auf einer Bühne», sagt Denice. Auch Josef selbst war vorher kein Performer, er arbeitet (immer noch) im Marketingbereich. Sein Bewerbungsgespräch bei einer Sandwich-Kette hat er im Herbst 2017 beim PCCC-Abend der unter dem Motto «Work» lief, verarbeitet. Josef, der kreativ und motiviert den Personalchef davon überzeugen wollte, nichts lieber in seinem Leben zu tun, als Sandwiches zu komponieren, hat den Job nicht bekommen. Jetzt ist er dafür Stand-up-Comedian im Nebenberuf, und alle lachen über den Job-Misserfolg. Imitieren tut er höchstens mal einen aktuell bekannten österreichischen Rockstar – und das ziemlich treffend!

Lachen üben.

Und das Publikum? ­Denice hat beobachtet, dass die Leute in Wien sehr zurückhaltend sind: «Ich habe mit dem Publikum Lach-Übungen gemacht. Das habe ich von der Künstlerin Katrina Daschner. Als ich die Burlesque-Shows mit ihr gemacht habe, hat sie die Leute vorher trainiert, dass man ruhig laut klatschen und lachen soll, wenn man etwas super findet.» Damit das Publikum nicht dennoch während der Performances plaudert, entschied man sich für ein Theater-Setting und kein Varieté-Ambiente mit Tischchen. PCCC #5 geht Mitte März im WUK über die Bühne, auf Deutsch und Englisch unter dem Motto: My First Time. Denn egal was man im Leben tut, es gibt immer ein erstes Mal.

An jenem Abend im Ateliertheater lachen jedenfalls viele laut. Auch jene, die beim Wort Comedy erst mal skeptisch waren. «Viele meiner Bekannten haben gesagt: ‹O. k., ich mag Comedy eigentlich nicht, aber ich komme zu deiner Show›», erzählt Denice. «Und ich dachte, o je, wir machen Comedy für Leute, die das eigentlich gar nicht mögen. Aber dann hat es super funktioniert.» Als queere Person ist man im Mainstream-Kontext eine Randnotiz. «Wir sind Frauen, Queer, Poc, es gibt mehr Vielfalt bei uns», sagt Josef. Und erzählt noch eine Story: «Da war ein Comedy-Event, und vier Leute spielten, davon eine Frau. Und, wirklich, ich hörte wen sagen: ‹Oh, ich mag die neue Hervorhebung von Gender gerne.› Weil da EINE Frau war. DAS ist der Mainstream.»

 

PCCC #5: My First Time

WUK, 19. März, 19.30 Uhr

9., Währinger Straße 59

Tickets: 8, 11 und 14 Euro

www.wuk.at

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