Zeichen an der Wandtun & lassen

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An einer Betonwand an einer großen Straße in England las ich die Zeilen: «NEWS: Rich people paying rich people to tell middleclass people to blame poor people» – NACHRICHTEN: Reiche Leute zahlen reiche Leute, um Mittelklasse-Leuten zu sagen, arme Leute seien schuld.

Jede dritte Großspende für den Wahlkampf des jetzigen Bundeskanzlers kam aus der Immobilienbranche. Im Juni wurde die Grunderwerbssteuer so in ein neues Gesetz gegossen, dass sich Immobilienkonzerne ab jetzt Millionen an Steuern ersparen. Von den dreizehn Forderungen des Verbands der Immobilienwirtschaft zum Mietrecht haben es gleich zehn ins Regierungsprogramm geschafft, übrigens manche wortident.

Die Einnahmen des Finanzministers sind um knapp fünf Milliarden beziehungsweise rund zehn Prozent höher als im letzten Jahr. Das Geld geht aber nicht an die Schulen, in Arbeitsmarktprojekte, in die Gesundheit oder die Armutsbekämpfung. Es wird für eine Körperschaftsteuersenkung gehortet, von der in erster Linie die reichen Unternehmensbesitzer und Großkonzerne profitieren.

Weiters werden Transparenzregeln für ein country by country reporting und Offenlegungsverpflichtungen in Steuerangelegenheiten bei Großkonzernen auf europäischer Ebene verhandelt. Der österreichische Finanzminister ist da aber dagegen und blockiert. Auch an der Einführung einer Finanztransaktionssteuer hat er kein Interesse mehr. Die Besteuerung von Finanzderivaten findet die Regierung nicht nötig.

Dann gibt es auch welche, die mit Betrug und Tricks Leute um Lohn und Sozialversicherung bringen. Besonders in der Transportbranche, der Bauwirtschaft und bei Reinigungsdiensten. Strafen gibt es nach Delikt. Wer 100 Mitarbeiter_innen betrügt, muss logischerweise für jeden die Strafe zahlen. Das soll jetzt fallen. Die Lohnpreller brauchen – geht es nach der Regierung – nur mehr einmal zahlen.

Wie viel haben Sie von diesen Vorhaben schon gehört? Wie oft haben Sie darüber in den Medien gelesen? Und jetzt vergleichen Sie das mit der Debatte über die Mindestsicherung oder die Notstandshilfe. Wie oft haben Sie davon gehört oder gelesen? Eben. Unvergleichbar öfter. Zehntausendmal mehr. Und was wird über die Menschen erzählt, die ärmer sind und weniger Geld haben? Genau. Durchschummler, Sozialschmarotzer, Sozialbetrüger.

Und hilft das den Mittelklasse-Leuten? Der Großteil der Steuern wird von Arbeitnehmer_innen und Konsument_innen bezahlt. Durch die Senkung der in Österreich eh schon sehr niedrigen Körperschaftsteuer wird diese Schieflage der Steuerstruktur weiter verschärft. Die Mietrechtsvorhaben machen Wohnen teurer. Das schadet insbesondere der unteren Mitte und jungen Familien. Die mangelnde Kontrolle von Steuerbetrug und Geldwäsche entzieht Milliarden dem sozialen Ausgleich, der die untere Mitte besonders stützt. Und all das schadet wiederum der Mehrheit der Bevölkerung. Uns nützt es nicht. Damit wir das möglichst nicht bemerken, sollen wir tagein, tagaus die Ärmeren verachten. Als Narkotikum für genaues Hinschauen. Als Ablenkung, damit wir nicht merken, wie sie die Schätze aus dem Haus tragen.

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