Augustin 595
Lösungen in Sicht
«Juntos/as viramos páginas» heißt wortwörtlich (und gegendert) aus dem Portugiesischen übersetzt so viel wie: «Zusammen blättern wir Seiten um», zugleich sinngemäß: «Zusammen überwinden wir schwierige Zeiten». So lautet der neue griffige Leitspruch von Cais (Kai), der einzigen Straßenzeitung Portugals, in Porto und Lissabon im Umlauf.
Diese sprachliche Köstlichkeit meiner Erstsprache entdeckte ich neulich, als ich ihr bewusst den Vorzug gab und meine Zweit- und Alltagsprache Deutsch im Kopf verließ. Der regelmäßige Blick über den Tellerrand eröffnet tatsächlich neue Perspektiven und bringt mitunter auch Lösungen für Probleme, die wir nicht selber suchen müssen.
So verhält es sich auch mit dem neuen Pfandsystem, das 2025 in Österreich eingeführt wird. In Deutschland, wo es seit 2007 ein solches gibt, ist Flaschensammeln ein ambivalentes Thema, denn jene Menschen, die damit ihr geringes Einkommen aufstocken, sind dabei weder sozialversichert noch gibt es Stellen, wo sie größere Mengen an gesammeltem Pfand abgeben können, geschweige denn Anerkennung genießen für ihren ökologischen Beitrag. Die Hamburger Straßenzeitung Hinz&Kunzt ermöglicht seit 2015 Langzeitsarbeitslosen eine geregelte Anstellung als Leergutbeauftragte. Beste Praxis in der Sache zeigt auch die spanische Gewerkschaft, die mit einer Studie die sozialen Auswirkungen des deutschen Pfandsystems untersucht, um es selber besser zu machen. Wie wird die wertvolle Tätigkeit von Jan Klimes, Augustin-Verkäufer und Coverboy dieser Ausgabe, der bereits Pfandbecher sammelt und nächstes Jahr zum Flaschensammler wird, in Österreich begegnet? Lesen Sie mehr dazu in der Coverstory (S. 6).
Außerdem in dieser – längeren – Ausgabe: Ein Lokalaugenschein in der Solidarity Kitchen (S. 10) und den Nachbericht einer grandiosen Veranstaltung u. a. mit Augustin-Verkäufer:innen im Tanzquartier (S. 24) sind nur zwei der Lektüren auf den nächsten Seiten. Also: Blättern Sie weiter um, es wird spannend!
Text: Sónia Melo
Coverfoto: Nina Strasser