Augustin 606

Rausflüge

Spätestens zu Weihnachten sollten die Parteien eine neue Regierung in Österreich gebildet haben. Für wen es ein Geschenk sein wird, und in welcher Farbe verpackt, das ist zum jetzigen Zeitpunkt offener als das O selbst. Denn der Augustin, den Sie in Händen halten, ging wenige Tage nach der Wahl und noch vor den Koalitionsgesprächen in Druck. Wir üben uns in Geduld, wir, die Nicht-wählen-Dürfenden unter uns. Wir gehen wieder regelmäßig zu Demos, unterschreiben Petitionen und hoffen auf die Aufdeckung parteipolitischer Skandale, die uns erneut retten sollen. Bis dahin machen wir das, was wir immer machen: Wir mischen uns politisch ein.
Beim Augustin bedeutet das u. a., echte demokratische sozialpolitische Maßnahmen zu benennen, zum Beispiel wie sich die Einführung eines Grundeinkommens auf wohnungslose Personen auswirken würde – auf ihr Einkommen, aber auch auf ihren Selbstrespekt und ihre Handlungsmacht. Darüber, und auch, wie sich die Gesellschaft dadurch ändern würde, forscht Verena Löffler, im Gespräch mit ­Christian Bunke auf Seite 6. Mit falschen Vorstellungen wie niemand würde mehr lohnarbeiten gehen oder ein Bedingungsloses Grundeinkommen sei nicht finanzierbar räumt Martin Birkner vom «Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt» auf (S. 8).
Wem die Geduld ausgeht und wer raus aus diesem Land muss – zumindest für kurze Zeit in Gedanken –, dem sei Jella Josts berührender Bericht eines Ausflugs in die Heimat ihrer ­Eltern zugeraten (S. 22). Alternativ führt der Lektüre-Weg nach Frankreich, in eine «andere Welt». Das mehrsprachige Straßenmagazin Marseilles, das den verheißungsvollen Namen Un autre ­Monde trägt, setzt auf Community-Building in der Stadt und bindet die Verkäufer:innen in die Zeitungsproduktion stark ein. Magdalena Mayer hat diese andere – bessere – Welt besucht (S. 14).
Ob hier oder sonst wo, behauptet die optimistische Schreiberin dieser Zeilen: Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.

TEXT: SÒNIA MELO

COVERILLUSTRATION: THOMAS KRIEBAUM

Kirche, Arbeit, Feiern, Shopping

Augustiner Famouz Paul

Mein Name ist Famouz Paul. Vor einem Jahr habe ich begonnen, den Augustin zu verkaufen. Ich verkaufe vor ­einem Lidl im 15. Bezirk. Ein Freund hatte mir von dem Straßenzeitungsprojekt erzählt. Es ist großartig, man ist selbstständig, kann sich die Ze… weiterlesen

Giftiges Versuchslabor

Eing’Schenkt (9. Oktober 2024)

In modernen Sozialstaaten begann man nach dem Krieg Schritt für Schritt mit der Einführung von Geldleistungen, basierend auf Grundrechten, flankiert von sozialen Dienstleistungen. Das ist in dieser Kombination auch am wirkungsvollsten und hilfreichst… weiterlesen

Grundeinkommen für die Miete

Verena Löffler, 32, forscht dazu, wie ein Grundeinkommen sich auf wohnungslose Personen auswirken würde. Darüber spricht die deutsche Wissenschaftlerin – hier und bei einer Veranstaltung vom Netzwerk Grundeinkommen am 24. Oktober in Wien, bei der auc… weiterlesen

Grundeinkommen in der Mitte

Seit langer Zeit fordern Aktivist:innen auf der ganzen Welt die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Es geht darum, dass jeder Mensch in einem bestimmten Land eine finanzielle Zuwendung erhält, und zwar ohne jegliche Voraussetzung … weiterlesen

Der Comeback-Club ins freie Leben

Der Wiener Verein Phönix trainiert Inhaftierte im Basketball. Was hat das mit Resozialisierung zu tun und warum ist dabei der perfekte Wurf in den Korb gar nicht so wichtig? Ein Lokalaugenschein.

Breitbeinig stehen sich zwei Männer auf dem roten K… weiterlesen

Unkalkulierbare Wetterlagen

Klimazone (Oktober 2024)

Es war eine verheerende – mitunter sogar tödliche – Mischung: Ungewöhnlich warme Luft aus dem Mittelmeerraum traf auf sehr kalte Luft, die aus der Arktis nach Europa kam. Über Österreich, Polen, ­Tschechien und Rumänien kam es zu unwetterartigen Rege… weiterlesen

Marseille schreibt eine andere Welt herbei

In Frankreich nicht gang und gäbe: Straßenmagazine. Marseille hat seit drei Jahren eines, das vor allem an der Einbindung der Stadtbewohner:innen arbeitet.

Das Ende eines Sommertages 2023 in Marseille: In großer Zahl haben sich beim Kulturzentrum … weiterlesen

«Arbeit unter freiem Himmel»

Lokalmatador:in Nr. 556: Sarah Prack

Sarah Prack gestaltet Gärten. Ihre teils eidgenössischen Wurzeln helfen dabei.

Mit dem geschulten Blick und dem Arbeitsgewand der Gartengestalterin betritt Sarah Prack an diesem späten Freitagnachmittag den Kleingarten des Fotografen im Prater. Da… weiterlesen

Jungmännerträume

Männliche migrantische Jugendliche haben es nicht leicht in der Welt. Wovon sie träumen, wovor sie sich fürchten und was ihnen Freude und Sicherheit gibt, erforscht ein Fotoprojekt in Wien.

 

Jugendliche sind gefährlich, vor allem in Grupp… weiterlesen

The End Is Where We Start From

Aus der KulturPASSage (Oktober 2024)

Den Zyklus des Werdens und Vergehens zu bestaunen, dazu lädt uns Anne Duk Hee Jordan im Kunsthaus ein. Die in Berlin lebende Anne Duk Hee Jordan zeigt auf zwei Ebenen mit eindrucksvollen visuellen Reizen und Robotertechnik, wie alles miteinander verb… weiterlesen

Familiengeschichte und Einsamkeit

Ausstellung im Jüdischen Museum

Das Jüdische Museum Wien zeigt die Ausstellung Die Dritte Generation. Der Holocaust im familiären Gedächtnis. Warum waren die Betroffenen in der Öffentlichkeit über ­Jahrzehnte so wenig präsent? Sie ­waren mit ihren Eltern, Großeltern und mit Recherc… weiterlesen

«Das ist kein guter Platz»

Wos is los … beim Augustin? … im Oktober 24

«Das ist kein guter Platz, ich will einfach nur noch weg.» / »Ich weiß nicht, was ich ­sagen soll, mein Kopf ist leer.» / «Das ­Essen ist schlecht und ich darf mir nicht einmal meine Fingernägel schneiden.» Das sind Worte, die wir hören, wenn wir Aug… weiterlesen

Nicht allein lassen

Doku: Care-Arbeit

In aller Frühe macht sich Sadina Lungu auf den Weg. Im Kleinbus fährt sie zusammen mit Kolleginnen nach Österreich, um als 24-Stunden-Pflegerin zu arbeiten. In Bad Vöslau betreut die 50-jährige Rumänin ­Elisabeth ­Pöschl, die 87 Jahre alt ist. Sie ka… weiterlesen

Besoffen und verraucht

Buchtipp: Wiener Szenen 1980 bis 1999

Zu zweit auf einem Moped machten sich 1987 Hans Platzgumer und ein Freund von Innsbruck aus auf nach Wien. Mit wehen Hinterteilen und großen Erwartungen kamen sie drei Tage später dort an. «Auf seine Weise hatte Wien, das damals so wenig zu bieten ha… weiterlesen

«Wo alle willkommen sind …»

… ist das Motto eines Wettbewerbs an der Akademie der bildenden Künste Wien. Dazu laden der Künstler, Student und Rollstuhlaktivist Philipp Muerling und der Architekt Alexander Diem ein. Einzureichen sind Entwürfe (Videos, Zeichnungen, Skizzen o. Ä.)… weiterlesen

Von Sorb:innen und Waldwolle

Cherchez la Femme (Oktober 2024)

Ich sehe sie, ich rieche sie, ich atme sie, ich berühre sie. Sie werden ziemlich groß und fallen auch gerne wieder zu Boden. Manchmal so wie ein Baum zittre ich, nehme ich auf, verzweige mich, erblühe und werfe ab. Auch eine Pflanze kommuniziert, das… weiterlesen

«Menschensplitter»-Zersplitterung

Phettbergs Phisimatenten im Oktober 2024

September 2017: Ich hab schon mehrere Male von Ronnie Niedermeyer gehört, dass er alle Photos, die er nicht benötigt, wegschmeißt. Doch erst heute hab ich richtig begriffen, wie Ronnie dieses Kapitel für sich auflöst. Sir eze fuhr mich mühsam durch d… weiterlesen

Ein Bunker für mich allein

Lesen und Lesen lassen (Oktober 2024)

Elli hat ein feines Leben, nur finanziell schaut es eher mittelrosig aus. Die alleinerziehende Mutter verdient genug Geld, um die Kinder zu versorgen. Aber von einem eigenen Zimmer für Elli kann vorerst keine Rede sein. Da entdeckt Elli etwas überras… weiterlesen

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