Augustin 613
Geniale Giebelkreuzler:innen
Nicht ins Ressort «vorstadt», wie geübte Augustin-Leser:innen vermuten könnten, sondern in den «dichter innenteil» (S. 23) haben wir den Beitrag «Kärnten ohne Villacher Fasching» platziert. Es handelt sich nämlich um ein Gedicht von Eva Renner-Martin aus dem Genre «Landsleutebeschimpfung». Die Autorin ist Kärntnerin und lebte früher auf der Straße. Mit diesem autobiographischen Hintergrund fordert ihr lyrisches Ich einen verschuldeten Häuslbauer mit Isolationsmentalität auf, doch endlich aus seiner sozialen Schicht auszubrechen.
In Anbetracht der blau-türkisen Koalitionsverhandlungen, die bei Redaktionsschluss noch im Gange waren, liegt es auf der Hand, dass die sozialen Schichten vielmehr einzementiert als durchbrochen werden. Eine Besetzung der ÖVP sagt dazu alles: Sie baut auf die Verhandlungsgeschicke von Clemens Niedrist. Genial eingefädelt – von den Giebelkreuzler:innen. Niedrist wechselte nämlich vor zwei Jahren vom Finanzministerium in die Privatwirtschaft. Jetzt ist er Generalsekretär der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und verhandelt nicht nur zum Thema Steuern und Finanzen, sondern auch noch in den Untergruppen Infrastruktur, Verkehr und Digitalisierung sowie bei Familie, Jugend und Frauen.
«Gerade noch rechtzeitig!», meinte kürzlich ein Bekannter zu mir, denn ich war letztes Jahr in der Bildungskarenz. Zum Eingrooven in die wiederaufgenommene Redaktionsarbeit besuchte ich ein Training eines Vereins für Zirkusartistik (S. 14). Dort wird Jonglieren auch als probates Mittel, um mit Frustrationen umgehen zu lernen, betrachtet. Das wird auch nötig sein, wenn ein Giebelkreuz das Regierungsprogramm ziert.
Schnitt: Ein großes Dankeschön an Sónia Melo für die anregende Zusammenarbeit! Sie hat Ende letzten Jahres zum Augustin tschüss gesagt.