Augustin 265 - 12/2009

Freie Flüsse, freie Plätze, freie Unis

GEGEN VERKEHR nennen wir unsere fünf Seiten umfassende Sammlung von Texten zur völlig irrational gewordenen Verkehrspolitik. Darin wieder einmal ein Interview mit Hermann Knoflacher (Seite 14) er ist und bleibt der verkörperte Widerspruch zu ÖAMTC und ASFINAG. Daneben eine Hommage an das Einkaufswagerl (Seite 16) und eine Reportage von oekonews.at über den Bahnhof Meidling (Seite 18), in dem die Fahrgäste nicht wie Könige, sondern wie entbehrliches, aber leider unvermeidbares Beförderungsmaterial behandelt werden. Unser Verkehrsschwerpunkt enthält wenig Gründe für Optimismus deshalb hier eine Notiz, die Hoffnung gibt.Gegen Ende seines neuen Buches «Virus Auto» skizziert Knoflacher verschiedene Strategien, wie man den Verkehr in Großstädten innovativ und menschenverträglich gestalten könnte. Das verblüffendste Beispiel ist eine riesige 11-Millionen-Stadt in Asien: Zwischen 1958 und 1976 wurde ein Fluss zubetoniert und eine gigantische Stadtautobahn errichtet, auf der bis vor wenigen Jahren täglich 220.000 Kraftfahrzeuge unterwegs waren. Der Bürgermeister ließ jedoch die Autobahn vor sechs Jahren ersatzlos abreißen. Ein Fluss, jahrzehntelang unter der Autobahn «begraben», wurde freigelegt, 16 Busrouten ersetzten den PKW-Verkehr, der Fluss wurde 2005 zu einer Erholungsoase, und die Wirtschaft im Stadtviertel blühte auf. Im Frühjahr 2008 wurde dieser Bürgermeister zum Staatspräsidenten gewählt. Die Stadt ist Seoul in Südkorea, der Fluss hat den schwierigen Namen Cheonggyecheon, der Ex-Bürgermeister ist Lee Myung-bak.

Ein zweiter Schwerpunkt dieser Ausgabe gilt dem öffentlichen Raum (Seiten 10 bis 13). Hier wird untersucht, inwieweit dieser überhaupt noch offen ist und ob die Videoüberwachung der Straßen, Plätze und Passagen wirklich unserer Sicherheit dient.

Wer ohne Dach überm Kopf lebt, spürt die Einschränkungen der freien Benützbarkeit des öffentlichen Raums besonders. Für gar nicht wenige von ihnen ist das Audimax an der Ringstraße gerade rechtzeitig vor dem Wintereinbruch von widerspenstigen Studierenden besetzt worden. Dadurch ist ein Freiraum entstanden, der für Obdachlose anziehend wirken muss: Temperaturen weit über null. Keine Polizei, die einem das erbettelte Geld aus der Tasche zieht. Kein Geschäftsinhaber, der «Geschäftstörung!» schreit. Und junge BesetzerInnen, die trotz der Überforderung, die sie als Greenhorns und DebütantInnen in Sachen Sozialarbeit spüren, im Prinzip solidarisch sind. In einer Sitzung der Audimax-Arbeitsgruppe wurden Strategien überlegt, wie die studentischen Anliegen in Einklang zu bringen sind mit den Anliegen der Obdachlosen (die zum Teil aus osteuropäischen Ländern kommen). Hier ist unter anderem die Idee ausgesprochen worden, den Sitz des Fonds Soziales Wien (FSW) zu besetzen. Diesem wird eine völkische Fürsorgepolitik vorgeworfen: Die Notbetten in den Quartieren der Wiener Wohnungslosenhilfe sind nur für InländerInnen zugänglich. Lesen Sie den Bericht über die «akademische Gruft» Audimax auf Seite 6.

Von Schlüsseln und Schlössern

eingSCHENKt

Arbeit ist die beste Form der Armutsbekämpfung, sagen die einen. Eine Grundsicherung würde die Armut abschaffen, sagen die anderen. Bildung ist der Schlüssel, sagen die dritten. Arme bekämpfen statt der Armut, sagen die vierten zwar nur leise, drücke… weiterlesen

Die unsichtbaren Schmähführerinnen

Humor-Arbeit: Männer empfehlen Männer, Männer stellen Männer ein

Hierzulande machen meist Männer die Witze zumindest in den Medien. Für Karikaturistinnen, Fernsehkabarettistinnen und Kolumnistinnen ist es aufgrund von Seilschaften und Zugangsbarrieren schwieriger als für ihre männlichen Kollegen, in der Öffentlic… weiterlesen

Gefallene mit Flügeln wie Engel

Aus Anlass von „Gender Check“: Gespräch mit Tadej Pogacar, Slowenien

Es sei noch zu früh, um Kunst zum Thema Krieg zu erwarten, meint der slowenische Künstler Tadej Pogacar, der auf verschiedenen Biennalen zum Thema «Sexarbeit» ausstellte und gerade bei der Gender Check-Ausstellung im Wiener MUMOK dabei ist. Seine Kun… weiterlesen

Pass auf, kleine Hand, was du tust

Der öffentliche Raum ist nicht mehr für alle öffentlich

«Der Bürger, der den übel riechenden Betrunkenen, den rüpelhaften Jugendlichen oder den aufdringlichen Bettler fürchtet, drückt nicht lediglich seine Abneigung gegenüber ungehörigem Verhalten aus. Er drückt ebenso ein Stückchen Volksweisheit aus, die… weiterlesen

Die akademische Gruft

Kein Obdachloser muss im Audimax schlafen. Es gibt genug Alternativen, sagt Wehsely

Manche GegnerInnen des Uni-Aufstandes rieben sich schon die Hände. An der «Flut» der Obdachlosen im besetzten Audimax werde die Studierendenbewegung scheitern. Diese plant jedoch gemeinsame Weihnachts- und Silvesterfeiern in der freien Republik Audim… weiterlesen

Von den zerstörerischen Selbstheilungskräften des Marktes

Wirtschaftskrise? Hauptsache, die Geschäfte laufen (2)

Für unsere Serie zur Weltwirtschaftskrise haben wir uns zuletzt mit einem Banker in einem Beisl zu einem Interview getroffen. Nachdem er plötzlich weg war, sind wir mit Arbeitern am Nebentisch ins Gespräch gekommen. Uns hat der von ihnen erwähnte fra… weiterlesen

teilen: