Augustin 273 - 04/2010

Outlaw Legends, Outlaw Visions

SCHANI BREITWIESER:

IRRE BIS WEISE NACHT,

IST WIRSCH, ABER EINE

SCHWEBE IRISIERT. AN

EISERN BAR WIE TISCH:

SIECHRAST(BIER + WEIN)

WAS IST, (I) EINBRECHER?

WIE IST EIN ERB=ARSCH?

WIE BIST(E) REIN? RASCH

REICH, BIST EIN AS?- WER,

ICH? STAR! WER? EIN SIEB!:

SCHANI BREITWIESER

STARB WIE EIN SCHREI!

Dieses Anagramm schickte uns Jakob Lediger als unbeantragte Draufgabe zu seinem ersten Porträt der kommenden Artikelfolge »Outlaw Legends» (Seite 10). Es ist dem Meidlinger Johann «Schani» Breitwieser, geb. 13. 4. 1891, erschossen 1. 4. 1919, gewidmet (Seite 10). Nicht, dass wir eine Umbenennung des Lueger-Rings in Schani-Breitwieser-Ring forderten, aber eine Stadthistorie, die sich von der Verherrlichung der Eliten ab- und den Heroes der Vorstadt und der subalternen Klassen zuwendet, wäre ganz nach unserem Geschmack. Das Glorifizieren «der da oben» statt «der da unten» schwächt die Kraft der Menschen, sich gesellschaftliche Zukunftsszenarien vorzustellen, die quer zu den Interessen der herrschenden ökonomischen und politischen Eliten stehen. Umso wichtiger die in diesem Blatt vorgestellten Menschen und Projekte, die die tief verwurzelte Überzeugung «Es gibt keine Alternative» durch ihre Praxis widerlegen:

– die OrganisatorInnen des «Bankentribunals» in Berlin (Seite 4);

– der individuelle, dennoch modellhafte Versuch der Heidemarie Schwermer, abseits der Geldwirtschaft zu leben (Seite 6);

– die immer zahlreicheren alternativen demokratischen und ökologischen Siedlungsprojekte (Seite 7);

– die NutzerInnen des Kulturzentrums Spittelberg im Amerlinghaus, die für den Erhalt ihres Freiraums für nichtkommerzielle Projekte mit sozialem oder künstlerischem Hintergrund kämpfen (Seite 9);

– der selbstorganisierte Deutschkurs des Augustin für seine VerkäuferInnen ohne deutsche Muttersprache (Seite 14);

– der gelungene Versuch von Evamaria Glatz, Familiengeschichte abseits von Stammbaum-Kommerz und Blut- und Bodenideologie zu betreiben (Seiten 24 und 34);

– die dreimal mit Gewalt weggetragene Park-Schützerin Eva Hottenroth, vor deren Würde der Sängerknaben-Verein, der den Park verbauen will, zu einem Haufen Unmoral schrumpft (Seite 26);

– der Film «Die 4. Revolution», dessen MacherInnen tatsächlich intendieren,

eine neue Revo anzufachen, nämlich die sofortige Energierevolution von Öl zur Sonne (Seite 28);

– oder die keimende Kultur des Müßiggangs, die als angewandte Entschleunigung des Lebens ein aufmerksames Lesen der Stadt mittels Gehen durch die Stadt propagiert (Seite 38).

Es wäre völlig unangebracht, diese Ideen im Sinne einer Prioritätenliste zu ordnen; erst die Symbiose dieser unterschiedlichsten Handlungsansätze erzeugt die Hoffnung auf neue gesellschaftliche Verhältnisse. Dass der Augustin sich von dieser Vision absetze, beweise das «sexistische» Cover der Ausgabe vom 7. April, wird uns von feministischer Seite vorgeworfen. Ein Treffen zwischen der Redaktion und ihren KritikerInnen, vor allem von der ARGE Dicke Weiber, fand nach Redaktionsschluss statt daher mehr zu diesem Konflikt in der nächsten Ausgabe.

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