Augustin 280 - 08/2010
Den Dingen nicht dienen, an die wir nicht glauben können
Ich ersuche Sie, dieses Statement von Bischof Andreas Laun nach der Katastrophe von Duisburg (Quelle: kath.net) entspannt und in Ruhe zu lesen:
Loveparade und Teilnahme an ihnen sind, abgesehen von ihrem abstoßenden Erscheinungsbild, objektiv eine Art Aufstand gegen die Schöpfung und gegen die Ordnung Gottes, sind Sünde und Einladung zur Sünde! () Man weigert sich anzuerkennen, dass die Loveparade, abgesehen von ihrem krankhaften Erscheinungsbild, auch mit Sünde zu tun haben könnte und darum, folgerichtig, auch mit dem richtenden und strafenden Gott! Nun kann man zwar manchmal sogar von katholischen Theologen hören, dass Gott nicht strafe, nur ist das nicht katholisch! Denn in der Bibel steht es anders, nicht nur einmal! Zugleich korrigiert die Bibel auch das verbreitete Missverständnis, als ob Strafe dasselbe wäre wie die Befriedigung eines hässlichen, grausamen Gelüstes auf Rache! Und dies trifft auf Gott natürlich nicht zu! Wahr ist vielmehr: Wenn Gott straft, tut er dies mit der Absicht, den Menschen zurückzuholen, Gott straft aus Liebe! () Und die Hölle? Sie ist nicht Strafe im genannten Sinn, sondern ein endgültiges Sich-selbst-Ausschließen des Geschöpfes! Jesus hat von der Hölle gesprochen, darum muss auch die Kirche davon reden.
Wenn James Joyce seinen «Ulysses» heute schreiben würde, könnte er dieses Statement einem dogmatischen, verbissenen Kleriker aus Dublin in den Mund legen. Manche christliche LeserInnen (die vom Laun-Text nichts wissen) würden sich empören: «Blasphemie! So menschenfeindlich redet kein Priester!» Der große Joyce, in einem Jesuiten-Kolleg erzogen, nahm bald die Menschenverachtung der Dubliner Launs wahr. «Ich werde den Dingen nicht dienen, an die ich nicht glauben kann. Ob sie sich als meine Heimat, mein Vaterland oder als meine Kirche bezeichnen», sagte Joyce anlässlich seiner Ausreise aus Irland. Er wollte in seiner Kunst und Lebensart frei sein. Stephen, Held seines Romans, kämpfte als überzeugter Jesuit für den Glauben, nun kämpft er für seinen Abfall vom Glauben.
Die Künstlerin Magdalena Steiner, die im Auftrag des Augustin den «Ulysses»-Roman in Comic-Form gießt, kann diesen Aspekt des Werkes naturgemäß nicht ausklammern. Die in einigen LeserInnenbriefen geäußerte Kritik, ihre Zeichnungen verletzten die Gefühle christlicher Menschen, weist auf die Kontinuität strengchristlicher Sittenwächterei hin: Vor hundert Jahren musste sich Joyce fast wortwörtlich dieselben Vorwürfe anhören. Unfreiwillig pointiert ist folgende Kritik eines Lesers: «Außerdem muss ich der Zeichnerin fehlende Zivilcourage vorwerfen, da sie peinlichst vermeidet, islamische Symbole und Werte durch den Kakao zu ziehen »
Joyce wählte nun einmal das katholische Dublin von 1904 als Kulisse seiner Romanhandlung aus und nicht das muslimische Brigittenau von 2020.