Augustin 290 - 01/2011

Opernball ohne Antagonisten?

Der Opernball findet zwar erst am 3. März statt, aber die Anfragen häufen sich: Gibts heuer wieder den Gegenball des Augustin? Ein Bündel von sachlichen (materiellen) und «philosophischen» Gründen macht die Antwort negativ.

Die einzigartige Mischung von Durchschnittsmenschen und Freaks, Fremdlingen und Aborigines mit ihrem Meidlinger L machte die sogenannten «Opferbälle» zu Wallfahrtstätten der nach der Seele der Stadt Suchenden.In einem dadaistischen Manifest aus dem Jahr 1912 wird die Haupt-Zielgruppe der Gegen-Opernbälle, die der Augustin jahrelang kontinuierlich veranstaltete, vorweggenommen: «Wer sind wir? Prostituierte, Dichter, Zuhälter, Sammler von verlorenen Gegenständen, Gelegenheitsdiebe, Nichtstuer, Liebespaare inmitten der Umarmung, religiös Irrsinnige, Säufer, Kettenraucher, Arbeitslose, Vielfraße, Pennbrüder, Einbrecher, Erpresser, Kritiker, Schlafsüchtige, Gesindel. Und für Momente alle Frauen der Welt. Wir sind Auswurf, der Abhub, die Verachtung. Wir sind die Arbeitslosen, die Arbeitsunfähigen, die Arbeitsunwilligen …»

Der Kontrast konnte nicht größer sein. Der Opernball ist traditionell die Nacht der heiligen Dreifaltigkeit von politischer Macht, wirtschaftlicher Macht und Glamour. In den Logen, die 17.000 Euro kosten, sitzen die Mitverursacher der Wirtschaftskrise, die Finanzmanager. Damit sich die Luxus-Loge füllt, wird sie mit allerlei Anhängsel der Finanzmanager bestückt: mit ihren Gattinnen und mit den hörigen Regierungspolitikern. Finanzminister Josef Pröll ist Fixbesucher des Opernballs. Der Ball sei ein «Flaggschiff der österreichischen Ballsaison», ein «gigantischer Wirtschaftsmotor», sagte er den Medien.

Dreimal hat der Augustin seinen Gegenball unmittelbar im «Schatten» des Opernballs veranstaltet, in der Akademie am Schillerplatz, schräg vis-à-vis der Oper. Das hat den Kontrast zusätzlich spürbar gemacht. Das war auch gut für die OpernballdemonstrantInnen, den Augustinball konnten sie als Chill-out-Zone nach den Räuber-und-Gendarm-Spielen mit der Polizei benutzen, auch als Trockenraum für Leute, die von den Wasserwerfern der Polizei geduscht wurden. Dass wir unser Ballereignis spontan zum HERZ des Faschings erklärten, während der Finanzminister s e i n e n Ball als FLAGGSCHIFF des Wiener Faschings bezeichnete, das fiel uns zunächst gar nicht auf. Aber welch ein Unterschied! Pröll fällt nur eine militärische Kategorie Flagschiff ein, um seinen Ball zu definieren. Das Flagschiff oder das Herz, das war die Frage.

Inzwischen hat sich unter uns Skepsis breit gemacht, ob es sinnvoll ist, sich immer nur mit dem Staat, mit den Eliten, mit der Regierung auseinanderzusetzen. Müssen wir am Opernball als staatliche Inszenierung des Faschings kleben bleiben wie der Hofnarr am Fürsten? Wir konzentrieren uns darauf, unseren eigenen Fasching zu machen, unabhängig vom Opernballtermin. Wir erklären jeden Freitag den Dreizehnten zum Fasching von unten, in dem Bettler zu Königen werden, und das nicht in Ballsälen, sondern auf der Straße.

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