Augustin 297 - 05/2011
Ein Bierlokal weniger
Eine Facebook-Gruppe ruft zum Boykott des bekannten Bierlokals «Stiegl-Ambulanz» im Alten AKH auf. Die Gründe dafür waren im Online-«Standard» vom 28. April zu lesen. Der 30-jährige Unternehmensberater Andreas Marek, bis zu diesem Zeitpunkt Stammgast des Lokals mit dem riesigen Schanigarten, hatte dem «Standard» seine Geschichte erzählt. Die Hauptfiguren sind ein Augustin-Verkäufer, der aus Solidarität mit seinen Salzburger KollegInnen in Wien auch die Salzburger Straßenzeitung «Apropos» verkauft, der Chef des Serviceteams, Hans-Peter Fasching, und die Geschäftsführerin des Lokals, Manuela Nagl.Die Geschichte begann so: Eine Kellnerin wollte den Augustin-Kolporteur «ziemlich unfreundlich» (Marek) aus dem Lokal schmeißen. Der Stammgast teilte der Kellnerin mit, «dass sie sich lieber um unsere Brezen kümmern soll, auf die wir seit schon zwanzig Minuten warten, als diesem alten Mann das Leben schwer zu machen», und lud den Augustin-Mann auf ein großes Bier ein. Serviceleiter Fasching sprach schließlich das Machtwort: Dem Straßenzeitungs-Verkäufer dürfe hier kein Getränk gespendet werden. Der «Standard» fragte nach, und Fasching bekräftigte seine Position. Niemand von seinen Gästen sei berechtigt, einen Sandler an seinen Tisch einzuladen. Faschings Chefin Manuela Nagl fiel ihrem Servicemann nicht in den Rücken. Bettler seien, sagte sie dem «Standard», im Alten AKH nicht erwünscht, denn «das sind ja alles Zigeuner». Gegen inländische Augustin-Verkäufer habe sie nichts. Bei dem in den aktuellen Zwischenfall involvierten «Augustiner» handelt es sich allerdings um einen «Inländer».
Die Pressesprecherin der Brauerei Stiegl hat sich telefonisch beim Augustin vom Vorgehen der Geschäftsführerin und des Service-Chefs distanziert und legt Wert auf die Feststellung, dass in Lokalen, die sich mit dem Namen Stiegl schmücken, alle Augustin-VerkäuferInnen das Gastrecht hätten.
Die zunehmende Ungastlichkeit der Städte gegenüber konsumfernen und deshalb «überflüssigen» Randgruppen ist eines der Schwerpunktthemen dieses Heftes. In Graz sind rund zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstler in der Ausstellung «Wir sind Bettler» vertreten, um Position gegen das am 1. Mai in Kraft getretene steirische Bettelverbot zu beziehen (Seite 27); Peter A. Krobaths Reportage (Seite 10) informiert, wohin die am Karlsplatz von der Polizei zerschlagene Drogenszene ausgewichen ist.
«Wie sollen diejenigen, die scheinbar nicht funktionieren und sich derzeit noch bereitwillig aus dem Leben forträumen, weil sie sich auf dem öffentlichen Platz, den sie nicht einnehmen dürfen, auch noch schämen, wie und wo sollen die Arbeitslosen, die Ziellosen, die Ortlosen also gesehen werden?» Elfriede Jelinek stellt diese Frage in einem Essay über ein Schlingensief-Projekt. Vielleicht kann F13 so ein Ort werden. Das Kürzel steht für eine Stadtbewegung, die drauf und dran ist, einen neuen urbanen Brauch zu kreieren. Jeder Freitag der Dreizehnte wird fortan ein Glückstag werden für alle, die Freiheit auf den Plätzen lieben, aus denen künftig niemand vertrieben werden darf, nur weil er sich die Waren dieser Plätze nicht mehr leisten kann. Das dichte Programm des F13-Aktionstags beginnt auf Seite 8.