Augustin 298 - 05/2011

Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht?

Die Griechen haben Probleme. Aber warum? Weil sie nicht genügend arbeiten. Und warum arbeiten sie nicht genügend? Weil sie ein gutes Klima, gute Musik und guten Wein haben. Das ist noch eine relativ freundliche Variante der von den Medien erzeugten und verstärkten Vorurteile gegen die Menschen in Griechenland.

Der Einstieg stimmt auch, wenn man die Griechen durch die Portugiesen ersetzt. Obwohl vielleicht die portugiesische Musik für die LeserInnen der Zeitungen, die solche Klischees verbreiten, weniger vertraut ist als jene, die sie als griechische (v)erkennen.Kann man denn von den JournalistInnen in den Massenmedien nicht erwarten, verantwortungsbewusster zu schreiben, nämlich so, dass ihre Reportagen und Storys über die Krise in Griechenland und Portugal den professionellen Verhetzern nicht auch noch Material liefern?

Ein «offener Brief» eines in Deutschland geborenen Griechen, Fundstück meines Surfens durch Krisen-Blogs, könnte gensauso an die österreichische Gesellschaft adressiert sein. Er findet das Maß, das nötig ist, um die externen und internen Ursachen des griechischen Schlamassels in eine vernünftige Relation zu bringen.

Er schäme sich dafür, dass in Griechenland Steuerzahlen nur eine Angelegenheit für diejenigen sei, die eh nicht viel haben weder an Geld noch an Vitamin B. Er schäme sich dafür, dass Griechenland am Rande der Staatspleite stehe. Doch weiter: «Als eingebürgerter Deutscher schäme ich mich für die deutschen Medien, für die tägliche Berichterstattung. Und ich schäme mich nicht nur, sondern ich entwickle allmählich eine regelrechte Wut, wenn ich morgens nur die Zeitung aufschlage.»

Sein ökomomischer Nachhilfeunterricht für die Einfach-DenkerInnen: Griechenland und Portugal sind 1981 in die EG aufgenommen worden. Ziel war es, die jungen Demokratien politisch zu stabilisieren. Die wirtschaftliche Schwäche der Südländer wurde damals billigend in Kauf genommen. Ein Effekt der ökonomisch ungleichen Mitgliedschaft: Griechenland wird bis heute mit Waren aus Deutschland überschwemmt. Deutschland verdient also ganz gut daran, dass Länder wie Griechenland wirtschaftlich schwächer sind und keine Zölle erheben …

Die Dinge aus dieser Perspektive zu betrachten, ist seitens der Medien-Eigner unerwünscht. Die Sprachregelung, die Griechen hätten es eigentlich nicht verdient, von Deutschland «gerettet» zu werden, ist sakrosankt. Dem Besuch der Weltraum-Ausstellung in der Kunsthalle Wien (Schwerpunkt im Kulturteil, Seiten 24 bis 27) verdanke ich zwei Begriffe für die Einteilung der Welt in die Guten und Bösen: das Mars-Attacks-Prinzip und das E.T.-Prinzip. Im Film «Mars Attacks!» sind die Anderen, die Marsmenschen, die angreifenden Bösewichte. Bei «E.T.» wird das Andere im Verlaufe des Films immer sympathischer. Toleranz heißt die Message.

Beide Filmideen trennen die Unsrigen von den Nicht-Unsrigen. Wir brauchen einen dritten Film, der diese Trennung verlacht. Denn alle Menschen sind Griechen, die frei nach dem Kaufmann von Venedig die staundende Frage stellen: Wenn ihr uns aussaugt, ballt sich nicht unsere Faust?

Volumensfetischismus

Gegenüber dem Schwedenplatz ist alles in Raiffeisen-Hand – Aspekte der Raiffeisendominanz (Teil 15)

Mitten in der Stadt hat die «Bauernselbsthilfe-Organisation» Raiffeisen nicht etwa fruchtbare Äcker geschaffen, muss sie auch nicht; an der Leopoldstädter Seite des Donaukanals wurde die «Raiffeisen-Meile» geschaffen. Der Augustin sprach darüber mit … weiterlesen

Vom Geschmack des Vertrauens

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Lerne ich den Geschmack vom zukünftigen Leben als Konkurrenz, Misstrauen, Verlassensein? Oder habe ich die Erfahrung qualitätsvoller Beziehungen, Vertrauen und Einfühlung gemacht? Werde ich schlecht gemacht und beschämt oder geschätzt und erfahre Ane… weiterlesen

„Wie kann man stabile Strukturen für Roma aufbauen?“

Nicht nur die deutschsprachigen Straßenzeitungen fragen sich:

Durch die harten Lebensbedingungen in den ehemals sozialistischen Ländern verjagt, befindet sich europaweit eine große Zahl von Roma auf der Suche nach neuen Lebensmittelpunkten. Vom kompletten Ausschluß bis zur fraglosen Integration in den Vertrieb,… weiterlesen

Wir sind wieder in aller Munde

Lehrerdienstrecht wider Vorurteile und unangebrachte Emotionalität

Endlich wird es ein neues Dienstrecht geben, das die Ungerechtigkeit behebt, die einer einzelnen Berufsgruppe soviel Privilegien gewährt So tönt es aus allen Ecken und vielen MedienIch bin seit 1987 Lehrerin an einer Wiener AHS (bin es gerne!) und l… weiterlesen

«Hallo, einen Augustin?»

Kolporteur Gerhard Geiger. Bemerkungen zum Faktotum der Gürtelbögen

Gerhard Geiger ist Augustin-Verkäufer am Wiener Gürtel. Über die Jahre ist er eine Kultfigur der Stadtbahnbogenlokale geworden. Man nennt ihn auch den Hut-Gerhard.Donnerstagabend in einem Stadtbahnbogen-Lokal: Die Luft ist heiß und stickig, es pfeift… weiterlesen

er WIRD behindert

Projekt Invalidenstraße: Der Mensch IST nicht behindert

Die Autorin des folgenden Beitrags, Gründerin des Theaters der Unterdrückten (TdU) Wien, ruft gemeinsam mit der Performance-Gruppe DanceAbility (Augustin Nr. 297) zu einem Umzug am 28. Mai auf. Dabei soll die Invalidenstraße in Wien 3 symbolisch umbe… weiterlesen

Grindig? Abgelaufen? Verschimmelt?

Vinzi-Markt-Leiterin wehrt sich gegen Vorwürfe

2013 wird der 20. Geburtstag des Grazer VinziDorfes gefeiert, die bekannteste Obdachlosen-Einrichtung der christlichen Vinzenzgemeinschaft und ihres charismatischen Pfarrers Wolfgang Pucher. Sein persönlicher Einsatz im Kampf gegen das steirische Tot… weiterlesen

Der Fußballplatz als Wohnzimmer

Frauenmannschaft des KSC/FCB Donaustadt

Beim Stichwort Frauenfußball fallen uns als Erstes USC Landhaus und SV Neulengbach ein, jene beiden Vereine, die hierzulande schon am längsten dabei sind und den Meistertitel unter sich auszumachen pflegen. Die Frauenmannschaft des KSC/FCB Donaustadt… weiterlesen

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