Augustin 299 - 06/2011
Wer die Anzeigen bezahlt, schafft die Zeitungsartikel an
«Ich kann nicht glauben, mit welchem Ehrgeiz eine Branche hier ihr eigenes Grab schaufelt», heißt es in einem Posting zur Veröffentlichung der Ergebnisse einer Schleichwerbe-Recherche bei deutschen Printmedien des «taz»-Redakteurs Sebastian Heise. Der Journalist gründete eine fiktive Werbeagentur und erzählte zehn darunter namhafte Printmedien, seine Agentur berate Firmen bei der Entscheidung, in welchen Medien sie ihre Anzeigen schalten sollten. «Ich habe mich darauf spezialisiert, dass die Anzeigen in einem geeigneten Umfeld erscheinen. Mit Umfeld sind die Artikel gemeint, die in der Zeitung direkt neben der Anzeige stehen. Geeignetes Umfeld ist eines der Codewörter der Branche für Schleichwerbung», so Heise zu seiner Undercover-Untersuchung (siehe: http://blogs.taz.de/rechercheblog). Schlussendlich wurde Heises Begehren nur von zwei der zehn kontaktierten Zeitungen strikt abgelehnt!Hätte Sebastian Heise seine Recherche auf Österreich ausgedehnt jede Wette, dass er zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wäre. Selbst in «seriösen» österreichischen Zeitungen stößt man, ohne lange suchen zu müssen, auf blöde Zufälle hier nur zwei Beispiele: Eine Wochenzeitung bringt ein umfangreiches, aber blutleeres Interview mit dem Wiener Kulturstadtrat, und in derselben Ausgabe wird ein ganzseitiges Inserat zu einer Veranstaltung, die von der Kulturabteilung der Stadt Wien finanziert wird, geschaltet. Oder noch platter: Unter einem Artikel in einer Tageszeitung, in dem FahrradaktivistInnen sehr schlecht wegkommen, ist eine Anzeige eines Auto-Konzerns platziert. Geeignetes Umfeld, oder?
Und dass die Hofberichterstattung in Österreich auf die richtigen Bahnen gelenkt wurde, zeigt ein Beitrag von Hans Gasser, dem Präsidenten des Verbandes österreichischer Zeitungen, im «Standard» (4. 5. 2011): «Besonders auffallend () ist, dass die staatliche Presseförderung für 16 Tageszeitungen und 52 Wochenzeitungen und Magazine von aktuell 12,8 Millionen Euro in 2010 in den nächsten Jahren sukzessive um fast 14 Prozent gekürzt wird, während die jährlichen Aufwendungen für kommerzielle Werbung der öffentlichen Hand und von Staatsbetrieben in der Größenordnung von 100 Millionen Euro ein Vielfaches davon ausmachen und vor allem in Boulevard- und Gratismedien fließen.»
Der Augustin hat noch nie einen Groschen respektive Cent an Presseförderung erhalten, auch finden sich nur selten Anzeigen darin. Aber wie macht das bloß der Augustin?
Ein bisschen kann an dieser Stelle aus dem Nähkästchen geplaudert werden:
Der kleine Tango-Schwerpunkt, Seiten 14 und 3032, wurde von einem argentinischen Rinderzüchter (natürlich keine Bio-Viecher) gesponsert, den Essay zum Thema Fair Play im Fußball, Seiten 16 und 17, ließ sich Sportminister Darabos beeindruckt vom letzten Wiener Derby einiges kosten und das Coverbild zur Band broken.heart.collector (Artikel dazu auf Seite 23) kam aufgrund einer kleinen Spende der Organhandel-Mafia zustande. Bei allen anderen erkauften Beiträgen müssen Sie selbst die Drahtzieher eruieren. Viel Vergnügen bei dieser Rätselrallye!