Augustin 302 - 08/2011

Rettungsparodie namens «Rettungspaket»
Glauben wir den Hooligans des Neoliberalismus, dann ist es das griechische Volk, das Europa den Krieg erklärt hat. Jahrelang haben es sich die griechischen Pensionisten in Nizza und Kitzbühel gut gehen lassen, und jetzt weigern sie sich, den Gürtel enger zu schnallen, was ihnen so schwer doch nicht fallen dürfte, da sie es ohnedies gewohnt sind, mit weniger als 600 Euro auszukommen. Mit ihrer Weigerung, sich zu Tode zu sparen, attackieren die Griechen rücksichtslos unsere Banken, unsere gemeinsame Währung, ja, Europa selbst. Wenn das so ist, haben wir es mit einem Krieg zu tun, in dem die schwächste aller beteiligten Parteien über das Überleben der allerstärksten entscheidet. Merkwürdig genug, dass eine Volkswirtschaft, die zum europäischen Markt nur ein, zwei Prozent beiträgt, das Finanzsystem weltweit in Turbulenzen gestürzt haben soll. Wäre es so, würde es sich um einen völlig neuen Typ von Krieg handeln, in dem die überwältigende Schwäche des Schwachen die Stärke des Starken zunichte macht.Karl-Markus Gauß, der Schriftsteller, Herausgeber und Essayist, hat wie schon dieser kurze Auszug aus seinem Essay im «Standard» zeigt größere wirtschaftliche Kompetenz als sämtliche Wirtschaftsjournalist_innen dieser Qualitätszeitung zusammen genommen. Aber was vermag so eine Stimme der Vernunft, gelegentlich publiziert, gegen das tägliche Feuerwerk der Manipulation, die sich als «objektive Nachricht» verkauft? Was hängen bleibt im Bewusstsein der Masse der Leser_innen, sind Kampfbegriffe wie «Griechenlandhilfe» oder «Rettungspaket für Athen» oder dergleichen. Diese Sprache lügt, denn gerettet werden mit solchen Hilfspaketen nur die risikofreien Gewinne der westeuropäischen Finanzakteure.
Ist nicht gerade der Aufstand der «Empörten» das einzige wirklich Erfolg versprechende Rettungspaket für Griechenland, weil ohne diesen Aufstand alles, was logischerweise Gemeingut (Common, Allmende) sein sollte, an irgendwelche Spekulanten verscherbelt wird? Fast reizt es mich, auch den Begriff der «Empörten» zu den Kampfbegriffen der Bewahrer_innen der bestehenden Verhältnisse zu zählen, weil er einseitig die Emotionen der Demonstrierenden und Platzbesetzer_innen hervorhebt (dass diese voller Gestaltungsbereitschaft sind, zeigt diese Augustin-Ausgabe). Weil aber die «Empörten» (spanisch: Indignados) längst zur Selbstbezeichnung der in Bewegung Geratenen geworden ist, nehme ich in Kauf, dass der Heldenplatz zum «Platz der Empörten» wird. Besser ein fraglicher Titel für eine notwendige Revolte als einmal mehr ein «Führer» auf diesem Platz