Augustin 305 - 10/2011

Das Recht geht von dir und mir aus

Inspiriert durch die verfassungsgebende Versammlung in Island und den modellhaften basisdemokratischen und völlig transparenten Verlauf der Debatte, die zum Entwurf einer neuen isländischen Verfassung führte (es ist eigentlich die erste, weil die bestehende bloß eine Kopie der dänischen ist), traue ich mich, ebenfalls Vorschläge für eine Verfassung zu machen. Für die österreichische.Der erste Artikel müsste die Bereitschaft der Leute bekunden, einerseits zu einer globalen Verfassung zu kommen, andererseits zu spezifischen regionalen Konstitutionen, und er müsste der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Legitimität einer «österreichischen» Verfassung sich in dem Maße verflüchtigt, in dem die Nationen im Alltagsbewusstsein der Bevölkerung als Konstruktionen erkannt werden.

Artikel zwei müsste die Feststellung enthalten, dass Verfassungen wie alle Regeln, Normen und Gesetze, sowie auch alle Nationen von Menschen gemacht werden und daher von den Menschen auch in Frage gestellt werden können.

Artikel drei müsste eine andauernd indifferente Haltung eines Gesellschaftsmitglieds allen wichtigen sozialen Entscheidungszwängen gegenüber ächten. Es ist nicht die feine demokratische Art, nie Stellung zu beziehen, zu nichts eine Meinung zu haben, eine Wurschtigkeit gegenüber allem Sozialen und Politischen an den Tag zu legen. Dieser Punkt der Verfassung holt quasi einen Grundsatz des klassischen Athen in die Jetztzeit herauf. In der gepflegten Demokratie der Agora gab es die wunderbare Regel «Es ist verboten, sich der Stimme zu enthalten». Eine Zeit lang war die Partizipationspflicht, man kann auch sagen das Politisierungsgebot, noch radikaler formuliert: «Wer in einem bewaffneten Konflikt für keine der beiden Konfliktparteien zu den Waffen greift, geht der Athener bürgerlichen Rechte verlustig.» Die dahinterliegende Idee ist plausibel, weil aber im Neoliberalismus (einseitig) bewaffnete Konflikte in erster Linie zwischen Staatsorganen und aufmüpfigen Bevölkerungen ausbrechen, kann es der Verfassung naturgemäß nicht wurscht sein, auf welche Seite sich die Verfassungsbürger_innen schlagen.

Artikel vier relativiert das Stimmenthaltungs-Verbot, wenn es sehr, sehr gute Gründe gibt, neutral zu bleiben im Streit um die richtige Lösung, weil im Falle auseinanderklaffender Ideen die Demokrat_innen angehalten sind, jeweils die gegnerische Idee solange durchzudenken, bis sie in ihr Vorzüge entdecken, die ihren eigenen Denkweisen fehlen. Fortsetzung möglich, denn: totus mundus stulzitat et vult habere constitutiones (Kaiser Franz, Übersetzung im nächsten Editorial)

Feuerlegen in Venedig

Neo- und Ex-Österreicher_innen im Simbabwe- und Roma-Pavillon

«Die Idee einer Nation muss als Vorstellung von Gemeinschaft erneuert werden», steht im niederländischen Pavillon auf der Biennale Venedig. Der thailändische Pavillon in einem Kaffeehaus erfindet die eigene Nation «Navinland» und Wachmänner mit Pisto… weiterlesen

Gefesselter Genuss versagte Freiheit

eingSCHENKt

Warum sind Ideen, die den Schwachen die Schwächsten zum Opfer darbringen, so erfolgreich? Weil sie Angst nehmen? Möglich, aber vielmehr noch, weil sie die Person, die andere abwertet, in eine Position der Stärke bringt. Wir ermächtigen uns damit selb… weiterlesen

Blaugrau

Ich, Hubert Mehlmann, geboren 1961 in Wien, schreibe, male und mache gerne Sport. Ich habe ein fast abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium und arbeitete als Journalist. Ich habe mich in den letzten Jahren immer mehr für soziale Projekte eingesetz… weiterlesen

Roma Stephansplatz

Sobald ich gehe, denken die Leute, dass ich das immer tue. Das war schon immer so. Das Leben will es aber anders ich kenne einen echten Sandler, und wenn man ihn fragt, wie es ihm geht, antwortet er manchmal: «Es muss gehen, sonst gehe ich »
Karpate… weiterlesen

Filmbild und Stadtbild

Wien wird mittels Filmprojektor analysiert

«Ephemer», sagt der Duden, kommt aus dem Griechisch-Lateinischen (wörtlich «für einen Tag») und bedeutet: «nur kurze Zeit bestehend, flüchtig, rasch vorübergehend (u. daher ohne bleibende Bedeutung)». Vom Verschwinden bedroht ist das Medium Film heut… weiterlesen

Gedanken zum «Wandertag»

Das Hanf-Verbot kann nicht funktionieren es sei denn, Ausschließung ist erwünscht

Drogenprohibition ist vermutlich das quantitativ erfolgreichste Instrument, um «zuverlässigen» Nachschub für den sozialen Rand zu sichern. Zehntausende Menschen mit Vorstrafen nach Drogendelikten wären noch unbescholten (und «am Markt» entsprechend c… weiterlesen

Auch Kleinvieh macht Mist

Die attraktive Villa mit Park und ein mehr als unanständiges Angebot

In der Raiffeisenholding Niederösterreich-Wien ist ein wesentlicher Teil des Immobilienbesitzes des Giebelkreuzkonzerns gebunkert. Beispielsweise gehört das Leopoldstädter Ufer des Franz-Josef-Kai von der Holland- bis zur Jägerstraße bzw. von der Rai… weiterlesen

teilen: