Augustin 309 - 12/2011

Glasnost, diesmal von unten

Glasnost ist das russische Wort für Transparenz an dieser zerbrach das breschnjewsche System, ein Lügengebäude, das so lange nur durch die Abwesenheit von Transparenz halbwegs standfest war. In Österreich kommt Glasnost nicht von oben (von einem Gorbi-Pendant), sondern von unten. Respect.net, eine Plattform, die Menschen mit sozialen Ideen zusammenbringt mit Menschen, die das Geld haben, um die Umsetzung solcher Ideen zu fördern, ist nun schlagartig durch seine Transparenz-Datenbank MeineAbgeordneten.at bekannt geworden.

Ein Schub Glasnost, und plötzlich können Interessierte wahrnehmen, wie sehr auch der österreichische Parlamentarismus zum Lügengebäude geworden ist; kein Wunder, dass die Projektleiterin Marion Breitschopf von Interventionen seitens gewisser Politiker_innen berichten konnte, die sich durch www.meineabgeordneten.at zu sehr geoutet fühlten.

Nicht schwer zu erraten, welchen Suchbegriff ich als ersten auf dieser empfehlenswerten Homepage eingab: Raiffeisen. Ein Klick, und es eröffnete sich mir das, was meine Kollegen Lutz Holzinger und Clemens Staudinger in ihrer Raiffeisen-Monetoring-Serie mir ohnehin unentwegt nahe bringen wollen: Wir haben eine Partei im Parlament, die sich personell wie ein Betriebsausflug des mittleren und oberen Raiffeisenmanagements in die Parlamentskantine zusammensetzt. Fast 400 Einträge findet man, wenn man die Berufskarrieren der Politiker_innen unter dem Aspekt ihrer Raiffeisen-Bezüge betrachtet. Parlamentarismus wird in unseren Schulen als abendländische Form der Volksvertretung definiert; der Verdacht, dass Parlamentarismus ein anderes Wort für Lobbyismus ist, wird erhärtet, wenn man die Einträge vorbeiscrollen lässt:

Maier, Ferdinand, Dr. (ÖVP) : Von 1979-10-01 bis 1980-03-20 Raiffeisenzentralkasse für Niederösterreich und Wien, Referent in der Abteilung Konzernbeteiligungen; von 1994-08-01 Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes.

Gahr, Hermann (ÖVP): Von 1981-00-00 bis 1987-00-00 Kaufmännischer Angestellter und Marktleiter im Raiffeisen Warenbereich. Von 1988-00-00 bis 1990-00-00 Geschäftsführer eines Handelsbetriebes im Raiffeisen-Warenbereich. Von 2008-06-05 weiteres Vorstandsmitglied, Raiffeisenverband Tirol.

Auer, Jakob, ÖkR (ÖVP): Von 1993-06-18 Raiffeisenbank Wels Süd, Vorstand, seit 19.06.1997 gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied, Mitglied bis 19.06.1997, anschließend Vorsitzender. Von 2001-03-09 Raiffeisen-Einlagensicherung Oberösterreich, Vorstand. Seit 01.12.2000 gemeinsam mit dem Obmann oder einem weiteren Vorstandsmitglied oder mit einem Prokuristen. Von 2004-03-13 Raiffeisenbankengruppe OÖ Verbund, Vorstand, seit 13.03.2004 gemeinsam mit dem Obmannstellvertreter etc. etc.

So geht es seitenweise weiter. Gespeist wird die Datenbank, die auch Politiker_innenreden enthält, an die Interessierte oft nur mit Mühe herankommen, ausschließlich aus öffentlich zugänglichen Quellen etwa der Homepage des Parlaments, den privaten Websites der Mandatare, dem Vereinsregister und dem Firmenbuch. Fünf Personen haben dafür drei Monate lang recherchiert. Insgesamt hat die Erstellung der Website 22.000 Euro gekostet Geld, das ausschließlich über private Spenden auf der Online-Plattform respekt.net lukriert wurde. Um die Datenbank weiterführen zu können, werden pro Monat 5000 Euro benötigt. Schaumamal, welche der beiden Banken 2012 zur Bank des Jahres wird die Datenbank von respect.at oder der Raiffeisenkonzern.

Auf dem Pulverfass

Griechenland- und Osteuropa-Engagement der RZB wird ins Auge gehen

Die Turbulenzen um Euro und Eurozone werden in Österreich weitgehend dargestellt, als sei das heimische Bankwesen davon kaum berührt. Dass das Euro-Rettungspaket den Kreditinstituten eine kräftige Erhöhung der Eigenmittel eingetragen hat, wird zumind… weiterlesen

Geld wandert von unten nach oben

Augustin-Gespräch mit Wolfgang Kirnbauer, Mieterschutzverband

Wolfgang Kirnbauer ist Obmann des Mieterschutzverbandes. Mit ihm sprach Gaby Stockmann.
Mit welchen Problematiken werden die Berater_innen im Mieterschutzverband aktuell konfrontiert?
Es geht um die hohen Kosten bei der Anmietung von Wohnungen: In… weiterlesen

Bestandsfreimachung, ein Unwort

Warum immer mehr Menschen sich das Wohnen nicht leisten können

Anderswo gehen bereits tausende Menschen gegen die explodierenden Wohnungskosten auf die Straße. Eine Studie der Arbeiterkammer aus dem Jahr 2010 konstatiert, was viele fühlen: Wohnen wird auch in Österreich immer teurer. Junge Familien müssen häufig… weiterlesen

Finanzmärkte: Business as usual

eingSCHENKt

Die Situation für Jugendliche verschärft sich in Folge der Finanzkrise in ganz Europa. In Griechenland, Irland und den baltischen Ländern klettert die Jugendarbeitslosigkeit auf über 30 Prozent, in Spanien ist mittlerweile nahezu jeder zweite Jugendl… weiterlesen

Vom Vorzeigeunternehmen in die moderne Sklaverei!

Die österreichische Post

Es ist lange her, als die österreichische Post ein Prestige-Unternehmen war. Damals als Mitarbeiter_innen noch auf unbestechliche Betriebsrät_innen zählen konnten. Die Gewerkschaft stand auf der Seite der Angestellten. Heute ist weder Betriebsrat noc… weiterlesen

Quer durchs Traum-Land

Ruth Beckermanns filmisches Reisejournal

Ist vom «Amerikanischen Traum» die Rede, wissen fast alle, auch Nicht-Amerikaner_innen, was gemeint ist. Interessanterweise spricht niemand vom «französischen» oder «deutschen» Traum, merkt eine von Ruth Beckermanns Gesprächspartner_innen an.Zu Begin… weiterlesen

Tür ins Hinterland

Iranische Künstler_innen im 5. Bezirk

Bunte kurze Röcke tänzeln auf einem weißen Hintergrund. Keine Frauen, keine nackten Beine die ideale Modeschau für den Iran. Dachte Thomas Buchsbaum, österreichischer Botschafter in Teheran, und lud die Künstlerin Gudrun Wallenböck 2010 dorthin ein…. weiterlesen

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