Augustin 324 - 06/2012

Weil grad die EM (aus) ist

Der Augustin schreibe am Markt vorbei, so erklärt sich ein Leser (Ausgabe 323) den Auflagenrückgang. Seine Empfehlung: Sportberichterstattung! Das wäre zu diskutieren. Aber wie der Augustin nun einmal angelegt ist: Zum Mainstreamsportjournalismus müsste man ihn neu erfinden.Mit einem Sportteil, wie w i r ihn machen würden, wäre unserem Leser womöglich nicht gedient. Adäquat dem Kulturteil, in dem wir eine «Ausgewogenheit» zwischen Hommage an die Subkultur und Kritik der Kulturindustrie anstreben, wäre unser Sportteil eine Plattform des nichtkommerziellen Sports (wie sie auf unseren regelmäßigen Fußball-Seiten schon seit geraumer Zeit realisiert wird), auf der die Mega-Spektakel der Stars und der Sponsor_innen eher auf ihren Kriminalitätsgehalt als auf die Spurenelemente von Sport, die man in ihnen noch finden kann, untersucht würden.

Vielleicht würden wir uns zum Einstieg in den Augustin-Sportjournalismus eine Fragestellung ausleihen, die wir nicht annähernd so schön hätten formulieren können: «Wie ist es möglich, dass die Menschen, obwohl sie keinerlei Illusionen, keinerlei Hoffnung, möglicherweise keinerlei Sinn mehr in ihrer Geschichte sehen können, und obwohl es keinen strukturierten staatlichen Gewalt-Apparat gibt, der sie dazu zwingen kann, trotzdem genau so weitermachen wie bisher, das heißt: wider besseres Wissens und ohne physischen Zwang unsinnige Arbeit verrichten, unsinnige Dinge erwerben und ein unsinniges Leben führen? Seit geraumer Zeit versuchen wir diese Frage zu beantworten.» WIR, das ist der Kreis um den deutschen Cineasten und Feuilletonisten Georg Seeßlen. Es gäbe einige Felder, auf denen Aspekte davon möglicherweise zu bestimmen sind, sagt Seeßlen. Und als wichtigste nennt er: Die Unvorstellbarkeit einer Alternative und die Flucht in parallele Sinn- und Ordnungssysteme, etwa in den Sport.

Klar, es ist besser, die Kids dieser Welt haben Cristiano Ronaldo zum Idol erkoren und nicht Anders Behring Breivik. Auch wir Älteren können «Wow!s» und «Aaah!s» nicht unterdrücken, wenn wir den Portugalstar tanzen sehen, zugegeben. Er hat Glück, sich in einer Parallelwelt zu tummeln: Sport. Als Akteur der anderen, wirklicheren Welt würde er mit einer entsprechenden sozialen Position bald zu den Verkörperungen der «Finanzblase» zählen, nicht eben sehr sympathisch. In der Welt namens Sport verhält es sich so: Nur vier oder fünf unter den superreichen, die Fußballpolitik entscheidenden Clubs können sich die weltbesten Kicker Ronaldo und Messi leisten.

Unser Beschwerdeführer würde uns sicherlich auch zu weiteren quotenbringenden Sportarten raten. Seine Auswahl würde kulturell bedingt sein: Der alpine Schizirkus mit dem Abfahrtslauf und dem Schispringen als Leitdisziplinen, die Formel 1 und der Fußball sind die heilige Dreifaltigkeit des postchristlichen Sinnstiftungspakets. Im Weihrauchsektor dieser Dreifaltigkeit würden wir beliebig Gelegenheiten finden, unseren Leser_innen Unterhaltung zu bieten. Wir könnten z. B. die Frage stellen, in wie vielen Schigebieten der Welt das Wintersportunternehmen des Peter Schröcksnadel sich mit Panoramatafeln, Pistenmarkierungen und Werbeflächen festgesetzt hat (10, 100 oder 1000?). Oder warum der «Herr der Ringe» (Salzburg-, Spielberg-, Nürburg- etc). Bernie Ecclestone sich wie der sprichwörtliche Schwanz aufführt, der mit dem Pudel namens Öffentliche Hand wedelt?

Ich komme in eine Art von Rage, nach der man süchtig werden kann. Vielleicht hat der Augustin in den vergangenen 17 Jahren doch ein bisserl zu wenig Platz für den Sport gelassen.

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