Augustin 327 - 09/12

Das Antimietwucherbündnis

In vielen Teilen der Welt sind die wuchernden Wohnkosten zum Gegenstand von Massenprotesten geworden. In vielen Ländern gibt es keine Mietswohnungen mehr, geschweige denn kommunale Mietswohnungen, sondern nur noch Wohnungseigentum, wodurch Menschen sich zu Beginn ihrer potenziellen Unabhängigkeit massiv verschulden.Noch ist die Situation in Österreich vergleichsweise erträglicher; dennoch fragt sich, warum hier nicht endlich eine Bewegung der Betroffenen ins Rollen kommt

gegen die derzeit wachsende Wohnungsnot, Wohnungslosigkeit und die Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt in Wien, gegen befristete Mietverträge

gegen beschleunigte Gentrifizierungsprozesse und die Spaltung der Stadt in Premiumlagen und vernachlässigte Stadtviertel

für die Wiederaufnahme des kommunalen Wohnbaus, gegen Verkauf von Gemeindewohnungen

gegen die Unterordnung der Baubehörden und der Stadtplanung unter Investoreninteressen

für das Recht auf selbstbestimmte, alternative Wohnformen und die Neugründung einer demokratischen Genossenschaftsbewegung

für radikal verbesserte Mitbestimmungsrechte der Bewohner_innen in allen Stadterweiterungsprojekten

für ein ausreichendes Angebot an temporären Wohnraum für wohnungslose Menschen, für Notquartiere, die die Würde und Integrität der Benutzer_innen respektieren …

Der Augustin steckt mitten drin in dem Experiment, die «traditionellen» Mieter_innen-Interessensvertretungen (die bisher eher Servicestellen als politisch intervenierende Kräfte waren) mit der jungen Wohnraumbewegung, u. a. der Hausbesetzer_innenszene, zusammenzubringen. Und zwar zunächst mit dem Ziel, anlässlich des 90. Jahrestags des Mietengesetzes (7. Dezember 1922) und damit erstmals des durch viele Kämpfe durchgesetzten Mieter_innenschutzes eine große Manifestation durchzuführen. Zwei Vorbereitungstreffen gab es bisher. Beim letzten wurde heiß debattiert, ob die Zeit reif ist, um die Forderung «Die Wohnung darf keine Ware sein» in das Zentrum der Begierden «von unten» zu stellen. Ist im Kapitalismus nicht alles Ware? Ist die Losung nicht abgehoben? Kann sie populär werden?

Die deutsche «Zeit», eine eher nicht für die Publikation revolutionärer Manifeste angelegte Wochenzeitung, hat kürzlich über das Phänomen berichtet, dass paradoxerweise gerade in Zeiten der Krise die Wohnpreise explodieren. «Für Menschen mit geringem Einkommen wird es jetzt schon immer schwerer, in den Ballungszentren bezahlbare Wohnungen zu finden. Ein Grund für die Entwicklung ist die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Investoren suchen Sicherheit; viele stecken ihr Geld in Immobilien. Gewaltige Summen fließen in den Wohnungsmarkt, der als besonders wertbeständig gilt. Wegen der hohen Nachfrage steigen die Preise für den Neukauf einer Immobilie momentan rasant. Wollen die Käufer, dass sich ihre hohe Investition lohnt, müssen sie auch die Mietpreise anheben.»

«Die Zeit» meint: Die Politik brauche sich diese Marktregulierung der Wohnungspreise nicht bieten lassen und könne den Mietwucher durch Gesetze stoppen. Indem sie wiederholt, was in Wien vor 90 Jahren beschlossen wurde und heute noch in abgeschwächter Form wirkt, fügen wir hinzu. Je konsequenter solche Gesetze, umso mehr wird die Warenförmigkeit der Wohnung in Frage gestellt. Man muss dafür nicht auf den Sturz des Kapitalismus warten.

Das nächste wohnpolitische Vernetzungstreffen findet am Mittwoch, dem 12. September ab 18 Uhr im Augustin-Haus statt.

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