Augustin 332 - 11/2012

Dürfen wir noch gratis atmen?

Zugegeben, auch der Augustin ist eine Ware. Man braucht Geld, um ihn zu kriegen. Wir würden ihn gern verschenken. Dafür fehlt aber eine wichtige Voraussetzung: das garantierte bedingungslose Grundeinkommen für die Verkäufer_innen und für die Blattmacher_innen.Wenn er auch eine Ware ist, so ist er doch eine sehr warenkritische Zeitung. Woche für Woche kriegen wir mit, dass wieder ein Reservat jener Dinge, die nicht für Geld zu haben sind, verschwunden ist. Eine fatale Entwicklung! Wenn wir hören, dass es in amerikanischen Gefängnissen ein Zellen-Upgrading gibt (gegen Bezahlung gibt es Zellen mit besseren Haftbedingungen, im Häfen von Santa Ana z. B. macht das 82 Dollar pro Nacht aus), kommt uns das Kotzen. Dasselbe kommt, wenn Hausärzte ihren Patient_innen anbieten, übers Handy immer erreichbar zu sein, sie müssten nur 1500 Dollar im Jahr für die Handynummer des Arztes zahlen. Das sind nicht zufällig zwei amerikanische Beispiele dafür, dass immer mehr Dinge zu Waren werden. Sie stammen nämlich aus dem neuen Buch des amerikanischen Philosophen Michael J. Sandel, «Was man für Geld nicht kaufen kann» (Ullstein Verlag).

Eine paradoxe Entwicklung: Immer mehr Dinge haben einen Preis (sogar für ein Glas Leitungswasser muss man hier und dort schon zahlen; und wer viel Geld hat, kann sich einen eigenen Parlamentsklub kaufen), aber Essentials wie Markt, Geld oder Ware werden immer öfter danach untersucht, ob es nicht eine Alternative zu ihnen gäbe. Selbst in den Zentralorganen des Warenfetischismus, den führenden Zeitungen, darf Kritik an der Vermarktungsideologie geübt werden.

«Wir müssen uns fragen, ob es Dinge gibt, die für Geld nicht zu haben sein sollten. Warum sollten wir uns darüber Sorgen machen, dass wir auf dem Weg in eine Gesellschaft sind, in der alles käuflich ist? Aus zwei Gründen einer davon hat mit Ungleichheit zu tun, der andere mit Korruption.» Das war neulich zwar nicht im Wirtschaftsteil, aber immerhin im Feuilleton der «FAZ» zu lesen, und die «Süddeutsche Zeitung» meinte, dass man auch unter gegebenen kapitalistischen Verhältnissen nicht zulassen brauche, dass sich für Wohnungsmieten der durch das Markt- und Konkurrenzprinzip regulierte Preis durchsetze. Das hätte nämlich zur Folge, dass die Innenstädte nur noch von den Wohlhabenden bewohnt werden könnten. Es sei Sache des politischen Willens, Mietobergrenzen festzusetzen.

Eigentlich ein günstiges Klima, um an die hundert Jahre alte Forderung der kämpferischen Mieter_innenbewegung anzuknüpfen: Die Wohnung darf keine Ware sein! Vor 90 Jahren erkämpfte sie das österreichische Mietrecht, das der Marktregulation der Mietpreise tatsächlich den Garaus machte; seither ist eine Mieterschutzbestimmung nach der anderen abgebaut worden was auch am fehlenden Widerstand lag. Eine neue Bewegung ist unter dem Titel «Wilder Wohnen» angetreten, um das Widerstandsdefizit zu beseitigen. Mehr über die Plattform «Wilder Wohnen» und ihre erste Demo am 7. Dezember in diesem Heft (Seite 7) und in der kommenden Ausgabe.

Wissen ist Macht und Geld

Insidertrading-Verdacht beim Giebelkreuz

Den 22. Februar 2010 werden 15 Raiffeisenmanager so schnell nicht vergessen: Zwei Jahre später wirft die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Managern Insiderhandel vor, «bescheidene» 87.000 Euro sollen illegal verdient worden sein. Bis zu einem rechtsk… weiterlesen

Gut genug fürs Putzen

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Sie putzen sie pflegen, sie reinigen, sie bauen, sie räumen weg, sie bedienen und servieren. Sie bekommen geringe Bezahlung dafür. Das spielt sich alles im Niedriglohnsektor ab. Der Staatssekretär sagt, für euch gibt es keine Mitbestimmung über Staat… weiterlesen

Gleiche Tage

Gleiche Tage im Sommer, die späten Julitage am gleichen Ort in der ungarisch horizontweiten Ebene, die gleichen Quadratmeter zum Wohnen drauf im Stoff, die Blicke gerichtet zum Himmel, bemessend die Wolken, ihre Richtung, Farbe, Schwere; gerichtet zu… weiterlesen

Frieden beginnt bei dir selbst

Frieden beginnt in mir
Frieden beginnt in der Seele
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Frieden beginnt vor deiner Haustüre
Frieden beginnt mit einem Lächeln
Frieden beginnt …Es gab einmal eine Stadt, in der die Leute sehr unter Verkehrsstaus litten. Es… weiterlesen

Am Ende droht das Zimmer ohne Aussicht

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In Spanien sorgt eine neue soziale Bewegung für Schlagzeilen, die Wohnungsdelogierungen durch kollektive Solidaritätsaktionen verhindern konnte. In Wien ist das Bündnis WILDER WOHNEN entstanden, das sich als Keim einer breiten Mieter_innenbewegung ve… weiterlesen

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Ein (Flüchtlings-)Leben in Ungewissheit

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Von Mieten und Mythen

Ein Filmfestival für Menschenrechte und für eine lebenswerte Stadt

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Was kuckst du, bin ich Kino?

Wien feiert queer-migrantische Weltpremieren

Queer-migrantische Filmtage, das klingt nach etwas, was Rio de Janeiro oder Berlin Kreuzberg schon längst erfunden haben. Denkste! Der Wiener Verein Migay ist zumindest lässt sich kein Gegenbeweis finden Urheber dieser einleuchtenden Idee. «Es geht… weiterlesen

Battle Hymn(s) of Women (joyful)

Musikarbeiter unterwegs mit Ulrike Mayer in Frauen-Musik-Netzwerken

«re:composed» heißt eine von der Frauenabteilung der Stadt Wien herausgegebene, Compilation mit 20 Beiträgen von Musikerinnen. Die künstlerische Projektleiterin Ulrike Mayer gewährt Einblicke in Hintergründe und Zusammenhänge.Bei der Charity-Veransta… weiterlesen

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