Augustin 337 - 02/2013

Am 12. Februar ARTE schauen
Die Stadt Wien sei souverän genug, um dem Druck der EU-Kommission auf die europäischen Gemeindeverwaltungen, die Wasserversorgung zu privatisieren, nicht nachzugeben. So der Tenor der Einwände gegen einen «unangebrachten Alarmismus», in den auch der Augustin mit seinem großen Wasserprivatisierungs-Report in der letzten Jänner-Ausgabe verfallen sei.Ein Einwand, der zu einem Einwand einlädt. In Ländern wie Deutschland und Österreich wird das Wasser noch zu einem großen Teil öffentlich verwaltet, aber weltweit agierende private Konzerne wie Veolia haben sich als Teilhaber und Dienstleister schon in hunderte Gemeinden hineingefressen. Einer Aussage von Ex-Minister Bartenstein zufolge haben in Österreich nahezu hundert Gemeinden ihre Wasserversorgung privatisiert oder teilprivatisiert. Der französische Konzern Veolia, weltweit einer der Marktleader, an den die DDR-Abwicklermafia namens Treuhandgesellschaft die ostdeutsche Trinkwasserversorgung verscherbelt hat, hatte sich beinahe schon die Klagenfurter Wasserversorgung unter den Nagel gerissen. Eine Verschiebung im politischen Spektrum der Stadt hat das verhindert. Der Trend geht dennoch in Richtung England und Frankreich, wo die Wasserversorgung schon seit Ende der 80er Jahre hauptsächlich in privater Hand ist.
Wie aggressiv Veolia vorgeht, zeigt die Klage des Konzerns gegen den Film von Leslie Franke und Hermann Lorenz, «Water Makes Money». Der Prozess beginnt am 14. Februar im Pariser Justizpalast. Veolia fühlt sich durch den Film verleumdet. Schon vor der Premiere von «Water Makes Money» hatte es Hinweise gegeben, dass Veolia versuchen werde, den Film mit einer einstweiligen Verfügung am Erscheinen zu hindern. Dem begegneten die Filmemacher mit einer gleichzeitigen Premiere in 150 europäischen Städten. Der Film erlangte dadurch großes Interesse bei einer breiten Öffentlichkeit und erlebte seither etwa 1000 (Kino-)Veranstaltungen. Auch ARTE zeigte ihn mehrfach und wird ihn demonstrativ am Abend vor dem Prozess, am 12. Februar um 22 Uhr, noch ein weiteres Mal ausstrahlen. Im Prozess wird Veolia unter anderem Jean-Luc Toulys Behauptung bestreiten, der Konzern habe ihm eine Million Euro Schweigegeld geboten. Touly hatte 30 Jahre bei Veolia gearbeitet, zuletzt in der Unternehmensleitung und als Gewerkschaftsfunktionär.
In Wien werde Veolia nie zum Zug kommen, respektive zum Hochquellenwasser. So beruhigen uns die SPÖ-Politiker_innen. Aber sie verschweigen, was sie bereits wissen. Sie wissen nämlich, dass die EU-Kommission gerade an Strategien und Methoden arbeitet, wie die Troika-Überwachung der Haushalte in den «Schuldenstaaten» Griechenland, Spanien, Portugal und Irland (und zwar der Staatshaushalte ebenso wie der kommunalen Haushalte) verallgemeinert werden soll. Diese «Reform» wird unter dem Motto «Vertiefung der Währungsunion» vorbereitet und sieht vor, dass wie heute etwa Griechenland in Zukunft auch in Ländern wie Österreich das letzte Wort über die öffentlichen Budgets nicht mehr die von der Gesellschaft Gewählten haben, sondern die Troika. Dieser Begriff er meint die Dreiergruppe EU-Kommission, Europäsche Zentralbank und Internationaler Währungsfonds scheint also in den kommenden Jahren an Gewicht zu gewinnen.
Wir könnten ihm eine bessere Bedeutung verleihen: eine Troika aus Gewerkschaftsbewegung, neuen sozialen Bewegungen und einsichtigen Mitgliedern der Eliten fühlt sich dem Grundsatz verpflichtet, dass ein verantwortungsvoller Umhang mit Gemeingütern und dazu gehört Wasser die Grundlage einer gerechten Gesellschaft ist.