Augustin 342 - 04/2013
Unsere Selbstverständnisse
Manchmal – ganz selten! – haben die Augustin-Verkäufer_innen es schwer mit ihrem Publikum. Mit dem Zeitungsverkauf auf der Straße ist es nämlich so: Die Arbeit soll redlich, ehrlich, gut, sinnvoll, seriös und einträglich sein; die arbeitende Person aber soll (trotzdem) arm, bescheiden, dankbar, still, von feinem Charakter, immer gut gelaunt und am besten ein bisserl unsichtbar sein.Einerseits darf auf keinen Fall gebettelt werden – Achtung: faul!, aufdringlich!, organisiert! -, andererseits müssen Almosen angenommen werden – ansonsten: undankbar! So geschah es vor wenigen Wochen einem Kollegen an seinem langjährigen Verkaufsplatz. Ein Junge, der mit einer Gruppe von Freunden vorbeikam, versuchte, ihm ein paar Cent zu geben. Der Verkäufer lehnte freundlich ab: «Du bist doch zu jung, um mir Geld zu schenken, ich könnte ja dein Vater sein.» Daraufhin wurde der Junge ausfällig. Er beschimpfte den Verkäufer auf eine Art, die widerzugeben nicht nur unserer Blattlinie widerspricht. Diese kleine, den Alltag versauernde Geschichte konnte vom Verkäufer gelöst werden. Sein ökonomisches Selbstverständnis bleibt: Zeitung verkaufen. Aber sehr einfach ist das mit dieser österreichischen Spielart der Verwurstung von Spendenherz und Bettelhass nicht.
Auch in den sicheren sechs Wänden der Redaktion haben wir in den letzten Wochen unser Selbstverständnis ein klein wenig frühjahrsgeputzt: Wie, haben wir gegrübelt, ist es dazu gekommen, dass diese frauenfreundliche, männerbündekritische, ja nachgerade feminismusvernarrte Crew übersehen hat, dass ihre Kolumnenschreiberinnenquote keiner noch so nachsichtigen Prüfung der Gender-Mainstream-Behörden standhalten könnte? Und was bedeutet das für unsere inhaltlichen Linien (denn dass es derer mehrere gibt, das haben wir akzeptiert)?
Nun, wir haben kurzerhand zum altmodischen Telefonhörer gegriffen und es in die Welt der Autorinnen hinausposaunt: Kommt an Bord! Die Erste, die wir uns erfolgreich ins Kolumnenboot geholt haben, ist Bärbel Mende-Danneberg. Sie ist keine neue Augustinautorin (langjährige Leser_innen kennen sie etwa von den Vorabdrucken ihres Buches «Alter Vogel, flieg!») – und sie muss die Augustinwelt nicht im Alleingang retten. Wir freuen uns jedenfalls wie Honigkuchengäule, dass sie ab nun regelmäßig das tun&lassen-Magazin mit ihren Blicken auf die Welt bestücken wird – unter dem bescheidenen Titel «Dannebergpredigt». Fortsetzung folgt …