Augustin 346 - 06/2013
Des Glück is a Vogerl
… ist ein abgelutschtes Wiener Sprichwort und der Titel eines Spielfilms von Shoshana Rae Stark, in dem ein Augustinverkäufer und die Ausscheidungsprodukte unserer gefiederten Freunde eine gewisse Rolle spielen.
Von Letzteren angemacht zu werden, bringt ja angeblich Glück. Der zahlreichen Kundschaft der wie Schwammerln (schon wieder ein Glückssymbol) aus dem Boden schießenden Glücksspiellokale bleibt von der großen Gewinnverheißung in jedem Fall nur der (Be-)Schiss. Oder kennen Sie jemanden, der seinen oder ihren Reichtum begründete, indem er oder sie buchstäblich auf das richtige Pferd gesetzt oder Spielautomaten ausgetrickst hat? Das große Geld machen nicht die offensichtlichen Spieler_innen, sondern nur die Betreiber_innen der Wett- und Automatencafés sowie der Online-Spielhöllen, die wiederum ganz legal auf das Suchtpotenzial ihrer Stammkund_innen setzen. Wie erwähnt, die Branche boomt, allein in der unmittelbaren Umgebung des Augustin in der Reinprechtsdorfer Straße haben sich 13 Wettlokale angesiedelt. Ein Umstand, der zur Gründung der Bürger_inneninitiative «Republik Reinprechtsdorf» führte, deren Mitglieder sich für mehr Lebensqualität im 5. Bezirk einsetzen. Mit Musik, Tanz und Literatur im Grätzl feiern zu können, ist sicher ein Lebensqualität steigernder Faktor. Das erste Platzfest am Siebenbrunnenplatz wird von der «Republik Reinprechtsdorf» ausgerichtet und findet am 15. Juni statt – mehr dazu auf Seite 18.
Ebenfalls auf Seite 18 macht sich Bärbel Danneberg Gedanken über die Flut von Gewinnverständigungen in Briefkasten und Mailbox und darüber, dass der Staat beim Glücksspiel kräftig verdient. Übrigens fällt ein Gewinn selten ohne weiteres Zutun urplötzlich vom Himmel, eine Anmerkung aus dem Wörterbuch der Brüder Grimm zur Verwandtschaft des Wortes «gewinnen» sollte zu denken geben: «[es] fände […] ungezwungen anschlusz an wahn sowol als an wine (Venus), wonne, wunsch, ja sogar an das entgegengesetzte wund.»
Wer Haus und Hof verspielt hat und auf dessen Konto sich nur noch Schulden türmen, steht oft allzu bald auf der Straße, wo er oder sie auch noch das Kunststück zustande bringen sollte, unsichtbar zu werden. Denn unbegründetes Herumstehen, -lungern, -sitzen, -liegen sind bereits Tatbestände, die ein Eingreifen von Exekutivorganen nach sich ziehen können. Die Probe aufs Exempel machten Teilnehmer_innen eines Seminars der Plattform «Gesundheit und Wohnungslosigkeit», sie ließen sich im Jonasreindl nieder und erhielten alsbald Besuch von Security und Polizei. Robert Sommer berichtet von seiner persönlichen Erfahrung bei dieser Aktion (Seite 7). Das Unsichtbar-sein-Sollen und Verschwinden von Bettler_innen und Straßenmusikant_innen in seiner Heimatstadt Salzburg machte auch der Publizist Karl-Markus Gauß in einer Eröffnungsrede zum Thema, nachzulesen unter: www.salzburg.com/nachrichten/fileadmin/bilder/gauss_rede.pdf
P. S.: Zu «Glück» noch ein Zitat der Tante Jolesch (die, wäre sie nicht schon tot, außerdem schon zu Tode zitiert wäre): «Gott bewahre uns vor dem, was grad noch ein Glück ist» – etwa vor dem Unfall, wo wir uns zum Glück nur ein Bein brechen, und nicht den Hals.