Augustin 351 - 09/2013

Wiener Wäsche, unsere Street Style Show

Mir fällt die Aufgabe zu, etwas über Mode zu schreiben. Man könnte das in meinem Fall mit der Herausforderung vergleichen, eine Seite über die Primzahlen zu schreiben oder über die Methoden, Betonqualität zu untersuchen. Die Modeseiten in den Printmedien überspringe ich wie Börsenkurse, Autotestberichte, Wellnessanzeigen und die Jubelreportagen über Migrant_innen, «die es geschafft haben».Ich selber habe zu meiner «Wäsche» eine Beziehung, wie ich sie aus den Erzählungen von Frauen und Männern kenne, die nach Sibirien verbannt wurden. Ich rede vom «Modebewusstsein» von Verbannten, die sich zehn Jahre lang nicht in einen Spiegel schauen konnten. Meine Feldenkraistherapeutin gewährt mir Rabatt, wenn ich einmal mit zwei gleichen Socken zur Therapie komme. Das Ärgste ist, dass ich meine Sockennummer keineswegs als kleine Nonkonformismuspose abziehe. Ich gneiße nicht einmal, dass meine Socken nicht passen, zumindest einer von ihnen. Dabei bin ich nicht uneitel: Wenn ein Kollege, eine Kollegin mich darauf aufmerksam macht, dass ich das Hemd verkehrtrum trage, nehm ich sofort eine Korrektur vor. Ich bin Modemuffel, und dennoch lese ich die Stadt, und mir fällt dabei auf, dass auch in der Mode die «real people» und deren Improvisationstalente aufgewertet werden.

Dass nun AUGUSTIN-Autorin und -Fotografin Doris Kittler bereit ist, für die Wiener Straßenzeitung regelmäßig die Straßenmode-Seite WIENER WÄSCHE (auf der wertvollen Seite 5) zu gestalten, fand ich naturgemäß angebracht. Angeregt durch Kittlers Vorhaben, stürzte ich mich vorübergehend in die Welt der Straßenmodeblogger_innen, und schon befand ich mich in einem journalistischen Dilemma. Eine Straßenzeitung ist ein guter Platz für eine Auseinandersetzung mit der Straßenmode. Einerseits. Aber andererseits gehört es nicht zu Spezialitäten des AUGUSTIN, auf fahrende Züge aufzuspringen. Street Style hat seine Unschuld verloren, Street-Style-Blogs boomen und Styleblogger_innen machen rasante Karrieren, wie der mit dem Künstlernamen «The Sartorialist», der seine Straßenentdeckungen in Magazinen wie «Vanity Fair» präsentieren darf und dessen Seite um die 23.000 Visitors pro Tag zählt. Für Antikapitalist_innen ist die direkte Instrumentalisierung der Straße für die Modeindustrie ein betrübliches Zeichen der ungebrochenen Schöpferkraft des Systems. Das wär nicht auszuhalten, gäb es nicht auch einen Gegentrend, zum Beispiel einen Selber-Näh-Boom, der in New York und in Berlin begann und nun auch in Wien losgeht, was ich der Seite der Stadtspionin entnahm (www.diestadtspionin.at/reportagen/naehboom).

Viele Designer_innen holen sich ihre Anregungen nur noch von der Straße, lese ich, und jetzt holen sie sich ihre Anregungen auch aus der Wiener Straßenzeitung? Ich verstehe nichts von Mode, aber als Vulgärökonom weiß ich, dass auch unter Designer_innen nicht alle im Geld sind. Ich verstehe nichts von den Celebrities der Branche, aber ich ahne, dass Doris Kittler, bekannt als Kennerin der Flohmärkte und der Fetzenshops, das Billige zum Hype erklärt – und in wilder Zufalls-Reihenfolge auch Menschen in ihre Rubrik bringt, die nicht wie die quotensichernden Laufstegbewohner_innen aussehen. Dem Konsumismus wird bei WIENER WÄSCHE nicht gehuldigt. Eventuell entdeckt die Kolumnistin m i c h als antikonsumistischen Trendsetter: der Mann, der Einzelsocken nie wie Müll entsorgt.

Kein Benehmen nicht!

Raika-Tochter im Atomgeschäft

Solange STRABAG–Tochter und Raika-Enkeltochter, ZIPP Bratislava beim Ausbau des slowakischen Kernkraftwerkes Mochovce engagiert ist, bleiben Raiffeisens Klimaschutz-Initiative und dessen Code of Conduct (Benimmregeln) wirkungslose Marketinginstrument… weiterlesen

Der Coup mit der Geheimdienstlerin

Im Gespräch mit einem der außergewöhnlichsten Verleger in Österreich

Jedes Jahr kommen allein im deutschen Sprachraum 90.000 neue Bücher auf den Markt. Jürgen Schütz‘ SEPTIME Verlag macht das Kraut nicht fett. Acht bis zehn Bücher publiziert der ehemalige Automechaniker im Jahr. Aber welche Perlen kommen aus seinem La… weiterlesen

Der richtige Riecher für den Rock

Musikarbeiter unterwegs … mit The Nose im Friseursalon

Seit gut drei Jahren macht das Quintett The Nose Musik. Die Kombination «alte Hasen» der Rock/Indieszene mit jüngerer Sängerin funktioniert dabei ganz hervorragend.
Ich komme gerade frisch aus dem Proberaum, sozusagen, verschwitzt und animiert. Ich h… weiterlesen

Was Hänschen nicht lernt …

«Da kann man gar nichts falsch machen.»

Wann soll ein Kind mit dem Fußballspielen beginnen? Womit soll angefangen werden? Wann soll man in einen Verein eintreten? Der Fußball-Lehrer Bernhard Neuwirth von Austria Wien im Gespräch.
Ein ganz normaler Nachmittag in der Fischhofgasse 12, neben … weiterlesen

Das Jahr des Fahrrades 2013 im Mak

KulturPassagen

Das Jahr des Fahrrades geht bald zu Ende, viele kleine und große Veranstaltungen rund um das Fahrrad wurden und werden noch veranstaltet. Was liegt da näher, als sich die Ausstellung des Wiener Architekten Michael Embacher und dessen EMBACHER-COLLECT… weiterlesen

Schulanfang nicht leistbar

eingSCHENKt

Ein guter Start am Schulanfang wird sich für viele Kinder heuer nicht ausgehen. 135.000 Kinder und Jugendliche gelten als von Armut betroffen. Und über 200.000 Kinder leben in äußerst beengten Verhältnissen, wo sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu we… weiterlesen

«Künstliche Idiotie»

Tagebuch eines Augustin-Verkäufers

22. 8.

Zum Wetter fällt mir nichts mehr ein. Außer vielleicht, dass es derzeit sehr angenehm zu sein scheint, im Freien zu nächtigen. Ich kann das in Wolfgangs Garten aber nicht machen, da sonst die Nachbarn eventuell ein wenig befremdet reagiere… weiterlesen

«Mit Stil»

Lokalmatadorin Nr. 302

Brigitte Rieser war 50, als man ihr kündigte. Als freischaffende Gartenberaterin versucht sie nun, im Großraum Wien Fuß zu fassen. Ihr Geschäftsmodell ist buchstäblich bodenständig: «Ich fahre zu meinen Kunden und gebe ihnen an Ort und Stelle Tipps, … weiterlesen

«800 Euro ist eh ganz gut»

AKH: Leiharbeiter_innen kämpfen um menschliche Arbeitsbedingungen

Die sogenannten «sinnlosen Großprojekte» – siehe Kasten – gehören zum jetzigen Stadium des Kapitalismus wie das Amen zum Gebet. Sinnlose Großprojekte sind Umverteilungsmaschinen. Öffentliches Geld fließt zum privaten Kapital. Im Fall des Monsterbaus … weiterlesen

Neue Rubrik im AUGUSTIN

«Wiener Wäsche»: Diesmal Marcel

Marcel, 20 – Wiener mit deutsch-polnischen Wurzeln – ist mir wegen seines Tattoos am Nacken aufgefallen: «HUMAN» – «menschlich» – steht dort deutlich geschrieben (Ich bin auf Nacken-Schrift-Tattoos geeicht, seit ich zu meinem Entsetzen einmal einen M… weiterlesen

teilen: