Augustin 366 - 04/2014

Ein «fröhlicher» Friedhof fürs falsche Leben

«Wer macht das schönste (beste) Abschiebegefängnis?», eine sehr gute Frage – rhetorisch und provokant von einem Architekten gestellt (S. 6), der darüber hinaus im Sinne Theodor W. Adornos konstatiert, dass es keine richtige Architektur innerhalb einer grundsätzlich falschen Bauaufgabe gebe. Er kritisiert seine Kolleg_innen am Beispiel Schubhaftzentrum in Vordernberg, weil sie nicht tiefgründig genug darüber nachgedacht hätten, was sie für wen bauen.Eine ähnlich gelagerte Kritik an Architekt_innen ist im Interview mit dem Shoppingcenter-Architekten (sic!) Walter Brune zu lesen (S. 8). Gut, Brune entwarf schon vor einer Ewigkeit solche Shopping-Tempel und erkannte relativ bald darauf, dass ein anderer Weg einzuschlagen wäre. Aber keine Sorge, die vorliegende Augustin-Ausgabe ist nicht als Fachmagazin, das eine Schelte nach der anderen an die Zunft der Architekt_innen richtet, konzipiert. Mehr Beispiele als die oben genannten sind nicht im Heft vorzufinden, aber auf einer der letzten Seiten (S. 35) wird noch einmal auf Vordernberg verwiesen. Eine formal sehr freie Prosa-Arbeit zielt auf den (wirtschafts-)politischen Willen, der das «Haftzentrum» zur «Unterbringung» von Menschen, die nichts verbrochen haben, Realität werden ließ. Der Titel spricht Klartext: «Ein Kaff mästet sich mit Abschiebungen» -, wobei wir wissen, dass Vordernberg immerhin eine Marktgemeinde mit rund eintausend Einwohner_innen ist und somit nicht unbedingt einem Kaff entspricht. (Ich bin in einer Gemeinde mit fünfhundert Einwohner_innen aufgewachsen. – Soviel zum Thema «Kaff».)

Etwa dreitausend Einwohner_innen hat S?pân?a, eine Gemeinde in der Region Maramure?, in den rumänischen Karpaten, dort, wo es noch «wild-romantisch» ist und die Mitarbeiterin des Informationsbüros in beinahe akzentfreiem Deutsch, weil in Deutschland studiert, freundlich, aber bestimmt davon abrät, ins Seitental zu wandern: Wölfe und Bären seien nämlich schon vor uns dort eingetroffen. Und wir haben es uns dieses Mal verkniffen nachzufragen, warum sie in ihre von wirtschaftlichen Krisen gebeutelte Heimat zurückgekehrt sei, um als Akademikerin im wahrsten Sinne des Wortes in einer Info-Hütte zu arbeiten, und welche Erfahrungen sie als Rumänin in Deutschland gemacht habe.

Obwohl die Warnung vor den wilden Tieren von uns ernst genommen wurde, sind wir trotzdem schnell auf einem Friedhof gelandet, u.z. auf jenem von S?pân?a, der im Landkreis Maramure? so bekannt und berühmt ist wie der Zentralfriedhof in Wien. Doch im Gegensatz zum hiesigen gilt jener – völlig zurecht – als «fröhlicher»(S. 22). Rumänien muss also nicht nur mit Armut, Tristesse, Wildnis oder anderen pejorativen Attributen in Verbindung gebracht werden. Es darf auch der «fröhliche Friedhof» Erwähnung finden, bevor uns die darauffolgende Seite vom Abstecher in den Bereich des schwarzen Humors gleich wieder zurückholt: In der Rubrik Lokalmatador_in wird ein Arzt aus Wien porträtiert, der Hilfsgüter sammelt und diese nach «Osteuropa», u.a. nach Rumänien bringt. – Wenn wir nur anders könnten und mal eine Ausgabe gestalten würden, die sich um die «Kultur seiner selber» dreht – wie schön wäre das!? Aber laut Theodor W. Adorno lässt sich selbst privat nicht mehr richtig leben.

«Und du weißt, das wird passieren, wenn wir uns organisieren …»

Raiffeisenserie

In vielen Ländern sind Genossenschaften die erste Wahl bei der Suche nach nichtkapitalistischen Rechtsformen. In Österreich wird dies nicht zuletzt durch Raiffeisen effektiv verunmöglicht. Anmerkungen zur antidemokratischen Verfasstheit des hiesigen … weiterlesen

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Er sammelte über 15 Jahre unzählige Daten zur Entwicklung von Einkommen und Vermögen, analysierte Statistiken und Steuerlisten der letzten zwei Jahrhunderte. Der Ökonom Thomas Piketty hat basierend auf umfangreichen Datenmaterial die Entwicklung von … weiterlesen

Die «fröhliche Armut» leben

Kleider machen … Vorurteile. Als Langzeitarbeitsloser scheinbar tipp-topp mit Marken-Klamotten gekleidet zu sein schafft Probleme

Ich habe viele Probleme (wer nicht?). Zu meinen eher kleinen Problemen zählt, dass ich mir seit nun schon fast zwanzig Jahren aufgrund meines sehr geringen Einkommens keine Kleidung mehr kaufen kann. Nur wenn die Unterwäsche zu verschlissen, die Schu… weiterlesen

Ein Kaff mästet sich mit Abschiebungen

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Blau-rot, nicht schwarz ist der Tod

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Fährt man durch die rumänische Region Maramure?, sieht man über Land viele Wiesenfriedhöfe ohne Zäune und Mauern am Rande der Dörfer. Hübsch anzusehen in dieser hügeligen Gegend, aber nicht zu vergleichen mit dem bekanntesten in der Ortschaft Sapinta… weiterlesen

Die Stadt ist ein lebendiges Wesen

Im Gespräch: Ein Shoppingcenter-Architekt, der Shoppingcenter kritisiert

Vor fünfundvierzig Jahren baute Walter Brune eines der ersten großen Shoppingcenter in Deutschland. Einige Jahre später erkannte er, wie sich Shoppingcenter auf Städte auswirken. Brune, der gerne als der deutsche Victor Gruen bezeichnet wird, tritt h… weiterlesen

Es gibt keine richtige Architektur innerhalb der falschen Bauaufgabe

Vordernberg: Ein Grazer Architekt denkt über den Schubhaftzentrenbau nach

Als zu Beginn des Jahres anlässlich der Eröffnung des Schubhaftzentrums in Vordernberg erste Fotos veröffentlicht wurden, war ich zunächst irritiert. Es waren Aufnahmen, wie man sie als Architekt aus diversen Fachzeitschriften und Magazinen kennt. Ab… weiterlesen

«Darf ich einem Augustin-Verkäufer einfach so Geld geben?»

Schüler_innen denken gemeinsam übers Betteln nach

Ein Schüler erzählt, wie ihn ein Bettler um Geld gebeten hat: Er habe sich nicht so einfach abweisen lassen, das habe den Schüler genervt. Eine Religionslehrerin hört, wie die Jugendlichen daraufhin abfällig über Bettler_innen im Allgemeinen reden. S… weiterlesen

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