Augustin 371 - 08/2014

Wie halten wir es mit der Justiz?

Kaum wer unter den vielen Augustiner_innen, die im Lauf der nunmehr 19-jährigen Geschichte ihrer Straßenzeitung ein Leben – ihr Leben – offenlegten, wusste nichts über die Räder der Justiz zu erzählen! Wir, die Augustin-Schreiberlinge, haben aus ihren Berichten gelernt, wie nachhaltig man in diesem Land nach verbüßten Haftstrafen als allseitig unerwünscht erklärt wird, wie tief die Stigmatisierung des Vorbestraften wirkt und wie naiv alle sind, die an eine einerseits läuternde, andererseits zurück ins Leben helfende Funktion des Strafvollzugs glauben. Die Vorbestraften sind die Parias der Welt außerhalb der Gefängnismauern.Diese Wirklichkeit, die uns vor Augen geführt wurde von denen, die als einzig wirklich kompetente Gefängniskenner bei jeder TV-Debatte über den Strafvollzug eingeladen werden müssten, aber nie eingeladen werden, hat uns sofort empfänglich gemacht für das Bild der «totalen Institution». Jene Sozialwissenschaftler_innen, die mit diesem Terminus operieren, meinen damit Gebilde wie die Gefängnisse, wo es zu einer strukturellen Trennung von Personal und Insassen – Quelle systemischer sozialer Konflikte innerhalb der Institution – kommt. Eine Trennung, deren Sinnhaftigkeit nie hinterfragt wird. Sämtliche Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle, unter ein und derselben Autorität statt. Die Betroffenen sind einer Fremdplanung der Tagesstruktur unterworfen. Diese Komplexe gelten als staatserhaltend, als sicherheitspolitisch unverzichtbar und als volkserziehend, sodass die Medien des Mainstreams sich hüten, Gefängnisse als Ganzes in Frage zu stellen.

Die Apologet_innen des institutionalisierten Strafens sollten dankbar sein, dass die «Aufdeckungen» im «Maßnahmevollzug», die in den letzten Wochen und Monaten für Schlagzeilen sorgten, nicht zu einer allgemeinen Gefängnisdebatte führten, sondern nur zu einer Infragestellung des bösen «Auswuchses» des Justizsystems.

Doch nein, sie wollen auch die zum Schweigen bringen, die die «Auswüchse» skandalisieren und das System unangetastet lassen. Unser Korrespondent aus der Prison-Watching-Abteilung, Franz Blaha, weiß zu berichten (Seite 6), dass die kritische Gefängniszeitung der Justizanstalt Mittersteig an der Weiterarbeit gehindert wird. Eine Stimme weniger im ohnehin schütteren Chor derjenigen, die mit der menschenzerstörerischen Macht psychiatrischer «Gutachten» aufräumen wollen. Wen solche «Gutachten» als «gefährlich» einstufen, für den sind die ohnehin reduzierten Häftlingsrechte ein Stück Papierschneuztuch. Der weiß am Ende jedes Haftjahres nie, wie viele Fußballweltmeisterschaften er noch hinter Gittern verbringt – klarer Fall von Folter.

Ihr Unsicherheitsstatus wird nur übertroffen von der quälenden Angst der jugendlichen Asylwerber_innen, schon morgen in die Hölle zurückgeschickt zu werden, die sie gestern nicht mehr ausgehalten hatten; acht von ihnen wird in Wiener Neustadt gerade der offizielle Vorwurf gemacht, Schlepper zu sein, was heißt, Menschen geholfen zu haben, diese Hölle zu überwinden (Seite 9). Einer dieser Acht konnte sein Maul nicht halten und provozierte die österreichische Justiz durch das Bekennen einer Teilschuld: Ja, er könne nicht leugnen, Freunden bei der Flucht geholfen zu haben – aber wie hätte er wissen können, «dass es in Österreich strafbar ist, anderen Menschen zu helfen»?

Und dass altruistisches Verhalten in diesem Licht-ins-Dunkel-Ländle eher als Geistesstörung gilt? Und dass es dagegen sicherlich einen höchst wirksamen Medikamentencocktail gibt …

Die ganze schöne neue Welt der Landwirtschaft?

Raiffeisenserie

Ungleiche Gegensätze, oder: Vom Raiffeisen-Feldtag zum Nyeleni-Forum für Ernährungssouveränität. Zwei Events zum Thema Landwirtschaft verweisen auf die großen Widersprüche auf dem Feld der Lebensmittelproduktion und ihrer politischen Rahmenbedingunge… weiterlesen

Stärken und Schwächen des Sozialstaats III

eingSCHENKt

Was sind die Stärken und was sind die Schwächen, fragt man sich, wenn man etwas verbessern will. Im besten Fall wird man dann die Schwächen korrigieren und die Stärken optimieren. Das gilt auch für den Sozialstaat.
Neben dem (1) Festhalten am männlic… weiterlesen

Zwischen New-Delhi, Amman und Wien.

«Andauernd diese lang andauernden Dauerwellen als Dauerauftrag,» sinniert Figaro fröhlich; lustig ist es, so vor sich hin zu singen und zu improvisieren, wenn keiner dich verstehen kann. In New-Delhi tat ich es, weil ich zuvor schon vier Monate in In… weiterlesen

Die Knackwurscht

I wor no recht jung, so um die zwanzg, do hot’s in Hütteldorf an Würschtlmau geb’n, der hot die besten Bratwürschtln von gaunz Wien g’hobt. Drum wor i öfters durt.Do ist imma aoida Mau einekumma, der Fredl. Der Fredl hot a Ross g’hobt und a Wagl. Dam… weiterlesen

Verwirrend im Ärztedschungel

Ein Lob den vielen freundlichen Personen,
die mich niedersetzen lassen, die aufstehen und mir PLATZ machen.
Danke!
Seit einem Jahr gehe ich mit Stecken, hatsche sehr daher, durch einen endlich erkannten
Bandscheibenvorfall. Besserung noch immer nicht… weiterlesen

Sprachspielereien

«Wirr-Warr» – wie wa(h)r?!

Im Anfang war das Wort-
spielereien kamen später.

Untentbehrlich ist Papier-
kram verzichtbar.

So mancher ist ein Künstler-
leben davon tun andere.

Als Staatsbürger man geht zur Wahl-
entscheidun… weiterlesen

«Tu‘ was! Mach was!»

Es bringt nicht wirklich viel, sich zwischen die Polizei und eine mutmaßliche kleine Diebin zu stellen. Aber was könnte man tun?Das weinende Mädchen am Schottentor war schon von der Straßenbahn aus zu sehen. Ein Polizist davor. Erst dachte ich, die K… weiterlesen

Attan bleibt bei uns!

Magdalena Chowaniec und die Rechnitz Crew:

Am 9. und 10. August wird im Rahmen des ImPulsTanz-Festivals 2014 die Performance «Attan bleibt bei uns» in den Hofstallungen des MUMOK gezeigt. Darin rekonstruieren acht jugendliche Asylbewerber ihre verlorene Heimat Afghanistan, die sich allmählich… weiterlesen

Zwischen Subversion und Frontalangriff

Zur Kremser Aktionistinnnen-Ausstellung

Gut 40 Jahre nach dem Wiener Aktionismus gilt diese international gefeierte Kunstströmung noch immer als rein männlich determiniert und als deren Heroen Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler. Darauf kontert nun die Ausstellu… weiterlesen

Bibliotick

Schnarrendes Herz zersägt die Zeit

«Verloren im bebenden blauen / schattigen Schilfe ein Taucher weint. / Da erschreckt sich dein Herz so, als wär es gemeint / und erwartet von jeglichen Dingen. / Und leise beginnt es zu singen.»Mit fünfzehn, als ich noch plante, eine berühmte Malerin… weiterlesen

Dannebergpredigt

Kriegs- und Kindermacher

Die Idee ist alles andere als lustig: Am Truppenübungsplatz Allentsteig soll der Flugbetrieb dramatisch ausgeweitet werden. Durch den Einspruch des Bundesheeres gegen den geplanten gemeinsamen Windpark der Gemeinden Brunn, Göpfritz und Ludweis wurde … weiterlesen

Am 3. 8. ist Augustin-Tag!

Bei «Shiatsu im Park» Berührungsängste abbauen

Shiatsu im Park findet bis Anfang September jeden Schönwettersonntag von 10 bis 17 Uhr im Augarten beim Gastgarten der Bunkerei statt. Schon die 8. Saison in Folge kann man dort klassisch auf einer weichen Matte oder auf einem bequemen Sessel kurze S… weiterlesen

Die letzte Entscheidung trifft immer die Behörde

Sozialer Wohnbau müsste anders ausschauen als die «Gartenstadt 2.0»

Ein später Nachmittag in einem Gasthaus an der Bezirksgrenze zwischen Meidling und Liesing. Dicht gedrängt stehen Menschen vor Schautafeln. Hier soll die Bevölkerung über den geplanten Bau von 1100 Wohnungen auf dem ehemaligen Gelände der Bundesansta… weiterlesen

Die Stille der grünen Büros

Netzwerken, aber mit wem?

Die «Mingos» am Standort des ehemaligen Schlachthofs in St. Marx sind als günstige Mietbüros für junge Start-ups der Medienbranche gedacht. Wer hier einzieht, soll vor allem eines tun: sich mit anderen «Kreativen» vernetzen. Aber ist der eigene Schre… weiterlesen

Der Leerraum der Stadt

Nora Amélie Sahr bespielt mit dem «Kong Wen» Straßen

Von einem chinesischen Lastendreirad begleitet führte Nora Amélie Sahr einen Grätzelspaziergang durch das Fasanviertel im dritten Wiener Gemeindebezirk. Der Augustin flanierte mit und wollte von der angehenden Architektin wissen, welche Wege ein chin… weiterlesen

Schleppungswillige am Apparat

Absurdes Justiztheater in Wiener Neustadt

Der Fluchthilfeprozess gegen acht Refugees in Wiener Neustadt erweist sich als Vorhaben, Flucht(-Hilfe) und politischen Protest zu kriminalisieren. Zugtickets, Bustickets, Mitfahrgelegenheiten oder Schlafplätze organisieren, Fahrplanauskünfte geben: … weiterlesen

Von der Gewalt des Staates und der Macht der Bilder

Ein Routine-Einsatz eskaliert, zwei junge Menschen werden festgenommen, später werden sie schwere Vorwürfe erheben. War es Misshandlung durch die Polizei oder eine böswillige Verleumdung, für die sie nun zu Recht vor Gericht stehen? Über einen Prozes… weiterlesen

Liebe als Drogentherapie

Sensationelle Erfolge abseits der offiziellen Medizin

In Kolumbien arbeitet ein Claretiner-Priester seit 30 Jahren mit drogensüchtigen Straßenkindern und straffälligen Jugendlichen zusammen. Mit spektakulärem Erfolg. Tausende von ihnen wurden bisher resozialisiert, stehen heute im Berufsleben, einige ha… weiterlesen

Gefängniszeitung abgewürgt

Sie plädierte für die Abschaffung des menschenrechtswidrigen «Maßnahmevollzugs»

Die einzige Kommunikationsplattform des heikelsten Justizbereichs darf nicht erscheinen. Die «Blickpunkte», die Zeitschrift der Justizanstalt Mittersteig, kann seit Wochen und auf unbestimmte Zeit nicht mehr produziert werden. Man hat sämtliche Compu… weiterlesen

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