Augustin 378 - 11/2014

Der Augustin sucht neue Liebschaften

Im Frühjahr 2012 hat für den Augustin eine neue Epoche begonnen, denn mit dem Projekt «Augustin-Liebhaber_innen» erklärten sich 333 Personen dazu bereit, den Augustin regelmäßig finanziell zu unterstützen. Hintergrund: Mit dem Erlös durch den Zeitungsverkauf konnte nicht länger der Normalbetrieb aufrechterhalten werden. Wir Verantwortlichen mussten uns zähneknirschend eingestehen, dass uns ein Alleinstellungsmerkmal in der weltweiten Straßenzeitungslandschaft verloren gegangen ist, nämlich nur durch den Verkauf der Zeitung eben diese zu finanzieren, – und darüber hinaus auch noch die Sparten Augustin TV, Radio Augustin, die Homepage und eine Handvoll Projekte für die Kolporteur_innen, wie die Theatergruppe, den Chor, die Schreibwerkstatt, Fußball, Tischtennis und temporär auch noch dieses und jenes.Ein Ansuchen um Presseförderung war damals tabu, und ist es übrigens auch heute noch. Wir sind nun mal stur – und stolz auf unsere Unabhängigkeit, denn subventioniert wären wir schneller, als wir schauen können, (parteipolitischem) Druck ausgesetzt, auf den wir aber gerne verzichten. Die andere für Zeitungen naheliegende Option, um Gelder zu lukrieren, wären bezahlte Inserate, doch dafür sind wir zu pingelig.

Schlussendlich ließen wir uns von Freund_innen davon überzeugen, dass es für den Augustin das sauberste «Geschäft» sei, Privatpersonen um finanzielle Unterstützung zu bitten. Oder um im Projekt-Jargon zu sprechen, «Liebhaber_innen» zu suchen, die eine monatliche Spende für den Augustin in der Höhe von 25 Euro nicht schmerzlich vermissen, um damit den laufenden Betrieb in all seinem Facettenreichtum sicherstellen zu können. Somit hieß es im Mai 2012: «333 Liebhaber_innen gesucht!» – Aber warum gerade «333»? Zunächst, weil wir Zahlenpoesie lieben, aber vor allem deshalb, weil wir maßvoll sind, d. h. wir wissen, wann genug ist. – Und wir hatten verdammt schnell genügend «Liebhaber_innen»!

Nur wenige Wochen nach unserer ersten «Kontaktanzeige» trauten wir unseren Augen und unseren Herzen kaum – wir hatten in Windeseile 333 «Liebhaber_innen» gefunden und konnten am 5. Juni 2012 mit sehr günstigem, aber tadellosem Schaumwein offiziell auf das neue Projekt anstoßen.

Diese 333 Menschen sind in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine nicht mehr wegzudenkende Stütze für das Gesamtkunstwerk Augustin geworden. Und wie es in der Natur der Sache eines Projektes liegt, verabschiedet sich die eine oder der andere Beteiligte. Langer Rede kurzer Sinn: Es gilt rund 20 frei gewordene «Stellen» im Projekt «Liebhaber_innen» nachzubesetzen, um wieder auf das konkret-poetische Kontingent von 333 zu kommen. Wir rufen also erneut zur Beteiligung am Augustin auf, um den «Normalbetrieb» prolongieren zu können, was für die vorliegende Ausgabe bedeutet: Die Verkäufer_innen mit Fotokameras loszuschicken, damit sie ihren Blick auf die Stadt festhalten (S. 16-17 und im Augustin-Kalender, der ab 14. November erhältlich ist). Die Gerichtsreporterin Peggy Parnass zu interviewen (S. 6-7), vom Jugendtheater zu berichten (S. 24-25), oder das hauseigene 11% K.Theater zu pushen (S. 27). Und noch vieles mehr …

Auch wenn Sie vielleicht nicht immer einer Meinung mit uns sind, aber uns zutrauen, dieses Werkl in Gang zu halten, um weiterhin unabhängig arbeiten zu können und Lobbying für Ausgegrenzte zu betreiben, würden wir uns sehr freuen, Sie als neue «Liebhaber_in» begrüßen zu dürfen (mehr dazu auf S. 9).

Verwandtschaft außer Kontrolle

Raiffeisen und Rüstungsfirma

Die Enkeltochter: Sie pfeift auf die Benimmregeln der Großmutter. Was dies mit Raiffeisen zu tun hat: Raiffeisenverwandtschaft STRABAG SE kauft eine Industriedienstleistertochter des deutschen Maschinenbauers VOITH, die DIW-Gruppe. In der Kundenliste… weiterlesen

Trugbild aus Berlin

eingSCHENKt

Viele halten an einem Missverständnis fest, das weit verbreitet ist: Sie glauben, dass das Problem dort entsteht, wo es sichtbar wird. Wenn also Frankreich wirtschaftliche Probleme hat, müssen die Franzosen und Französinnen selbst schuld sein. Diese … weiterlesen

Lieber Training als Match

Augustinverkäufer Andi

Ich bin ziemlich am Anfang, als es begonnen hat, zum Augustin gekommen. Ich habe mir Zeitungen gekauft – der Augustin hat damals für die Verkäufer_innen zehn Schilling gekostet – und habe das ganze System einmal kennengelernt, den sozialen Zweck und … weiterlesen

Wie im Traum, wenn man schreien will

Peggy Parnass – schamvolles Überleben, präzise formulierte Wut

Als leidenschaftliche und streitbare Gerichtsreporterin schaute Peggy Parnass NS-Täter_innen mutig ins Auge. Als Kind versuchte sie ihre Eltern aus dem KZ zu retten, doch Schweden machte die Grenzen zu. Im Herbst wurde die Geschichte ihrer Kindheit a… weiterlesen

Lasst Wien endlich Toronto werden!

Toronto ist eine «Sanctuary City» – Wien ziert sich noch

Städtische Dienstleistungen müssen seit 2013 für alle Bewohner_innen im kanadischen Toronto zugänglich sein – gleichgültig, welchen Aufenthaltsstatus sie haben. In Wien steht das noch aus.

Illu: Tings Chak

Vor eineinhalb Jahren beschloss der Sta… weiterlesen

Täter ohne Opfer

Mariahilfer Straße: Shoppen für die Reichen, U-Haft für die Armen

Drei junge Männer, frisch in Wien, werden verhaftet – wegen versuchten Diebstahls? Wegen unübersehbarer Armut? Wegen behördlichem Rassismus? Niemand weiß es. Bericht eines Intermezzos im Shoppingparadies.

Foto: Carolina Frank

Drei junge Männer g… weiterlesen

Miet-Blues in Kaisermühlen

Gegen die erzwungene Wohnungslosigkeit

Mieter_innen dieser Welt … Ihr seid nicht alleine! Das ist die Message, die am 26. November verbreitet wird, wenn sich in der Donaustadt Gruppen aus Österreich, Spanien und Deutschland treffen, um über das Rausgeschmissen-Werden zu reden.

Illu: Ka… weiterlesen

Nachbar_innenstadt: Mehrwert mal anders gedacht

Bei einer Standort- und Immobilienentwicklung im Bestand nicht automatisch an die Worte Mehrwert, Wertsteigerung, Wertschöpfung, Aufwertung etc. zu denken und dies vor allem nicht in einem monetären Verständnis oder einem der Renditesteigerung versta… weiterlesen

Weihnachten in der Festung Europa

«Fremdenzimmer»: Die eigenen Fluchterfahrungen auf die Bühne bringen

«Fremdenzimmer» ist politisches Theater für Jugendliche – ein Stück von und über Menschen, die in der Fremde gestrandet sind. Gemeinsam reflektieren sie ihre Vorstellungen von Heimat, dem Feiern von Festen und von Familie. Dabei erzählen sie von ihre… weiterlesen

Erstmals fließt Theaterblut

Europäische Theaternacht 15. November: Augustiner_innen dabei

Es gibt verschiedene Methoden, sich dem Phänomen zu stellen, dass nur eine Minderheit der Bevölkerung den Besuch eines Theaters als relevant für Entspannung und/oder Aufklärung und/oder Selbstermutigung empfindet. Eine davon ist die Europäische Theat… weiterlesen

teilen: