Augustin 379 - 11/2014
Frei und gleich?
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren» heißt es in Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die am 10. Dezember 1948 erstmals verkündet wurde. Schon der erste Satz wird durch die Realität Lügen gestraft, denn Umstände und Ort der Geburt bestimmen von Beginn an, welche Rechte einem_r Erdenbürger_in zustehen und welche Chancen er oder sie besitzt, um ein würdevolles Leben zu führen.Die 30 Artikel umfassende UN-Menschenrechts-Charta ist zwar grammatikalisch in der Wirklichkeitsform geschrieben, es handelt sich dennoch um einen bisher unerfüllten Forderungskatalog, eine Wunschliste, eine festgeschriebene Utopie. Das Werk kann eingerahmt und als unerreichbares Ideal an die Wand gehängt werden, Satz für Satz mit den Gegebenheiten der Wirklichkeit verglichen werden oder analysiert und zu Recht hinsichtlich seines westlich-kolonialen Ursprungs befragt, hinterfragt und kritisiert werden – als Ausgangspunkt für Welt- und Umwelt-Wahrnehmung, Diskurs, Dialog und Sich-Gedankenmachen sollte es jedenfalls wahrgenommen werden.
So kennt die Menschenrechts-Erklärung zwar ein Recht auf Arbeit und auf Erholung, allerdings keines auf Müßiggang und Faulheit. Ein (mögliches) Defizit mit dem sich Alexander Tschernek in seinem Projekt «Philosophie pur» befasst, mit dem sich wiederum Robert Sommer auseinandergesetzt hat (Seiten 8-9).
Das Menschenrechts-Filmfestival this human world gibt auch 2014 genügend Materie sowie Raum, um an human-rights-Debatten teilzunehmen oder sich zumindest ein Bild, viele Bilder dieser Welt zu machen (S. 26). Thematisch schließt hier Lisa Bolyos‘ Beitrag auf den Seiten 24-25 an, sie traf Sudabeh Mortezai, die Regisseurin von «Macondo». Der aus Tschetschenien stammende elfjährige Held der Films trägt bereits viel Verantwortung in seiner vaterlosen Familie und muss meist «erwachsen» agieren, am Vergnügungspark, wo sich Kinder wohlhabender Eltern vergnügen, kann er aus Geldmangel nur Zaungast sein.
Stichwort Geldmangel: An pekuniären Mitteln mangelt es auch dem Augustin. Zwischen Einnahmen aus dem Zeitungsverkauf, Inseraten und Spenden und den Kosten, die das Werkl namens Augustin am Laufen halten, klafft ein Spalt. Wir sind weiterhin auf 333 «Liebhaber_innen» angewiesen, die uns mit 25 Euro im Monat unterstützen. Wir brauchen keine Millionen, uns fehlen nur rund ein Dutzend «Liebhaber_innen» zum Glück, die den «natürlichen Schwund» kompensieren. 333 müssen es sein, denen der Augustin so sehr am Herzen liegt, dass sie ihn mit 25 Euro monatlich unterstützen, damit er als Medium, als niederschwelliges Sozialprojekt, mit rund 500 registrierten Verkäufer_innen sowie als Theatermacher_in, Fußballverein, Chor, Tischtennisgruppe, Schreibwerkstatt – kurz als Gesamtkunstwerk weiter diese Stadt bereichern kann. Beim Dreihundertdreiunddreißigsten machen wir wieder stopp. Vordrängen ist erlaubt.