Augustin 382 - 01/2015
Je suis ...
In Frankreich hat ein Satiremagazin seine Auflage ums Achtzigfache erhöht. Den Grund kennen wir alle, aber die Augustin-Redaktion beschäftigte sich – abgesehen vom Cover der vorliegenden Ausgabe – nicht näher damit. In den Beiträgen selbst wird nur das eine oder andere Mal peripher Bezug zu «Charlie Hebdo» genommen. Warum dann dieses Coversujet!? Wir wollen lediglich die Betroffenheitsmaschinerie, die in Gang gesetzt worden ist, ansprechen, auf Distanz gehen und es damit auch schon wieder belassen.Uns irritieren nämlich auch noch andere Themen, wie beispielsweise die (nicht rechtskräftige) Verurteilung von Josef S., weil er vor einem Jahr gegen den Burschenschafterball in der Hofburg demonstrierte. Kollegin Lisa Bolyos besuchte den Studenten in seiner Heimatstadt Jena, um eine Art Zwischenbilanz der (juridischen) Ereignisse einzuholen (S 6-7). Sie besuchte für diese Ausgabe aber auch den Kunstraum Niederösterreich anlässlich der Ausstellung «lesen [Literatur]» und musste von der Kuratorin Ingeborg Strobl erfahren, dass es die größte Schwierigkeit gewesen sei, Leute zu finden, die lesen würden. Lesen Sie darüber mehr in der «art.ist.in» auf den Seiten 24 bis 25.
Gut, bekanntlich bildet das Lesen, und gegen diese Kulturtechnik gibt es nun wirklich nichts Prinzipielles einzuwenden, aber trotzdem ist ab und an Vorsicht vor sehr belesenen und gebildeten Leuten, wie z. B. Michael Köhlmeier, geboten, dem das «Arbeiterkind» und der «Autodidakt» Alexander Schießling Post aus der Bildungs-Ferne zukommen ließ, die wir (gekürzt) auf Seite 10 wiedergeben.
Und sollte Michael Köhlmeier wieder einmal ein Bühnenstück schreiben, was er laut Wikipedia seit 20 Jahren nicht mehr gemacht hat, wäre natürlich das Burgtheater zum engen Favoritenkreis jener Bühnen zu zählen, die um die Welturaufführung buhlen würden. Mit einem Namen wie Köhlmeier wäre dem Burgtheater werbewirksam gedient, doch nicht erst mit dem Fall Hartmann wurde evident, dass die bekannteste Bühne des Landes nicht die Kunst an oberste Stelle der Prioritätenliste gesetzt hat, sondern vielmehr das Unternehmerische. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg machte Jura Soyfer auf diese Schieflage aufmerksam, und wiederum darauf macht in dieser Ausgabe Herbert Arlt, der Vorsitzende der Jura Soyfer Gesellschaft, aufmerksam: «Das Burgtheater ist […] ein Fallbeispiel, da die Problematik der Bürokratisierung, der neoliberalen Durchdringung auch für andere Bereiche wesentlich ist, sich nicht nur auf Literatur und Theater beschränkt und gerade in diesen Bereichen alte Traditionen der Kunstverhinderung und Kunstfeindschaft erhalten blieben.» (S. 26-27)
Gerade mit einem Theaterabend läutet der Augustin offiziell die Feierlichkeiten seines 20-jährigen Bestehens ein. Am 24. Jänner, um 20 Uhr heißt es daher «Sauschlachten». Das 11% K.Theater bringt Peter Turrinis Volksstück aus dem Jahre 1972 auf die Bühne des Kulturcafés Siebenstern (Siebensterngasse 31, 1070 Wien). Dabei zog die Augustin-Schauspieltruppe erstmalig ein bereits bestehendes Stück heran – früher wurden alle Produktionen von null weg selbst erarbeitet. Wer aber jetzt meinen würde, das 11% K.Theater hätte es sich damit recht einfach gemacht, irrt gewaltig. Dem Vernehmen nach zeigten sich diese Theater-Anarchos unter Zwang zum Auswendiglernen sehr widerborstig: Die relativ freie Improvisation ist ihnen viel näher – wie sie es auch aus dem realen Leben gewöhnt sind.