Augustin 387 - 04/2015
Lichtblicke
Mit der vorliegenden Ausgabe könnte man meinen, die Vereinten Nationen hätten den Augustin gesponsert oder gar unterwandert, denn auffällig viele Beiträge drehen sich in konkreter oder metaphorischer Weise um das Licht. Wir schreiben nämlich das Jahr 2015 – das «Internationale Jahr des Lichts», das von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde (neben dem «Internationalen Jahr der Böden»).Viel Licht in der Vorstadt, genauer in Dornbach entdeckte Wenzel Müller (S. 20–21) bei den abendlichen Heimspielen des Wiener Sportklubs. Obwohl die Fluchtlichtanlage nicht den internationalen Vorgaben entspricht, schafft sie es trotzdem, rund ums Stadion aus dem Abend einen Tag zu machen. (Und wehe den Anrainer_innen würde der Sportklub in Dornbach im Europacup antreten!)
Zwei neue Serien, wobei eine brandneu ist und die andere nun in zweiter Folge erscheint, sind dermaßen erhellend, dass das Ganze eine einzige Person – vielleicht mit Ausnahme von Thomas Pynchon – nicht bewerkstelligen könnte. Vorgeschichte: Die Serie über Raiffeisen ist bekanntlich ausgelaufen. Sie brachte uns viel Lob und Anerkennung ein – danke für die vielen Leser_innenzuschriften! –, aber ein bisschen enttäuscht sind wir trotzdem, weil weder von Christian Konrad noch von Ludwig Scharinger Reaktionen gekommen sind (in der Pension müssten sie doch Zeit fürs Leserbriefschreiben haben). Auch ihre Anwält_innen haben (bis dato) nichts von sich hören oder sehen lassen. Die Raika-Nachfolgerin «Wiener Wirtschaft» behandelt in der zweiten Folge (S. 11) den Bericht des Rechnungshofes von Ende Februar über die Finanzgebarung der Gemeinde Wien – und so viel kann bereits an dieser Stelle verraten werden: Der Rechnungshofbericht ist vernichtend!
Die brandneue Serie hat im «dichter innenteil» ihren Platz gefunden: «Hella Osten. Über Frauen und Feminismus», wobei «hella» im Sinne von hell, «hella», am hellsten zu verstehen ist. Das dahinter fungierende Autor_innenkollektiv stellt junge Frauen, junge Flüchtlinge, also junge Menschen aus dem sogenannten Osten ins Rampenlicht und startet mit einem sehr prosaisch verfassten Porträt der Rapperin und Kunststudentin Esra Özmen (S. 36–37).
Mit jungen Menschen beschäftigt sich auch der Streetworker Fabian Reicher, den Kerstin Kellermann in der Brigittenau besuchte, um zu erfahren, ob Kids der Kriegsromantik anheimgefallen sind oder ob eh noch alles im grünen Bereich ist (S. 6–7). Zur roten Seite der Stadt Wien zählt die MA7, die Kulturabteilung, die durch besonders undurchsichtige Antragsformulare am besten Wege ist, berühmt und berüchtigt zu werden. El Awadalla, selbst Kulturveranstalterin und somit Leidgeprüfte, fragte sich, ob sie einfach zu blöd fürs Ausfüllen sei oder es anderen Veranstalter_innen von kleinen Kulturvereinen und -initiativen ähnlich ergehen würde. Fazit: Die Kulturabteilung müsste in «Kleinkulturverhinderungsabteilung» umbenannt werden (S. 24–25).
Abschließend noch ein ermutigender Ausblick auf das nächste Jahr, das kann nämlich dadaistisch werden: 2016 wird das «Internationale Jahr der Kamele» und das «Internationale Jahr der Hülsenfrüchte» ausgerufen.