Augustin 408 - 03/2016

Wo kommen all die blöden Sprüche her?

«Warnung! Der folgende Artikel/die folgende Sendung enthält Stereotypen, Floskeln, Gemeinplätze und Abgeschmacktheiten, die Ihren Intellekt beleidigen können.» – mitunter würde frau_man sich solche Hinweise insbesondere vor Nachrichten wünschen. Was an Klischees und platten Redensarten à la «Das Boot ist voll» oder «Wer will, findet eine Arbeit» medial übermittelt wird, verursacht mündigen Medienkonsument_innen Beklemmung, Ärger und Verzweiflung. 

Manchmal sind es auch nur einzelne Wörter, die Unwohlsein verursachen können. «Obergrenze» ist so ein Ausdruck mit derzeit hoher Erscheinungsfrequenz und ebenso hohen Werten auf der Skala der nervtötendsten Begriffe. Genauso nervend sind «kreative» Neuschöpfungen wie Grexit, Brexit, Brangelina. Wo kommen all die blöden Sprüche und Schlagworte eigentlich her?

Ein großer Teil davon stammt, nona, aus der Politik. Der verbale Output entsteht teils im Eigenbau, teils wird er eingekauft. Politiker_innen lassen sich von PR- und Werbeagenturen griffige Slogans schmieden und dann kommt unsere Zunft ins Spiel und verbreitet die Platitüden. Der Journalismus ist klarerweise selbst auch eine der Schmieden, in der die meisten virulenten Neologismen erzeugt werden. Der Augustin in seiner 14-tägigen Gemächlichkeit kann es sich leisten, die Worte, die seine Seiten füllen, abzuwägen und hat nicht die Verpflichtung, das Geschwurbel Machthabender wiederholen zu müssen. Und unsere eigene Phrasendrescherei fällt uns natürlich nicht auf.

Ob es sich sprachlich in den Medien widerspiegeln würde, wenn etwa Politik-Protagonist_innen mit einem anderen, nämlich differenzierten Sprach- und Sprechwissen (und nicht bloß NLP-geschulter Rhetorik) vor die Mikrophone treten würden? Wer weiß, vielleicht lässt sich im laufenden Wahlkampf schon eine gesteigerte sprachliche Qualität in der Berichterstattung feststellen, denn schließlich bewirbt sich die Schriftstellerin und linke Aktivistin Elfriede Awadalla für die Bundespräsidentschaft. Lisa Bolyos und Carolina Frank trafen sie für ein Interview, das Sie auf Seite 10 lesen können.

Gabriele Vasak weiß als freie Journalistin und Autorin ebenso wie die Protagonistin in ihrer Erzählung «Margaretas Profession oder: Arbeit macht das Leben süß» um den Wert der geschriebenen Wörter in der Welt». In der Geschichte (S. 32/33) ist Margareta in ihrem Brotberuf als Wissenschaftsjournalistin mit einem eitlen Wissenschaftler konfrontiert, dessen vielfach abgespulte Tiraden sie gekonnt zu dessen und ihrer Auftraggeber Zufriedenheit «kraft ihres unbestreitbaren Talents zu geschliffenen Worten machen wird».

 

Jedoch Wörter sind nicht nur Anstoß für noch mehr Wörter, sondern auch Inspiration zu Bildern. Seit es die Veranstaltungsbeilage «Strawanzerin» gibt, steuerte Carla Müller deren Cover-Illustration bei, nun legt sie eine kreative Pause ein. Alles Liebe, Carla, und wir freuen uns auf eine Fortsetzung unserer Zusammenarbeit! Ab dieser Ausgabe werden Dasha Zaichankas Illustrationen regelmäßig das Cover der «Strawanzerin» zieren. Dasha kommt aus Weißrussland und studiert an der Universität für Angewandte Kunst. Unter anderem wurde sie für ihre Mitarbeit an einem der schönsten Bücher Österreichs ausgezeichnet. Nun ist gesichert, dass die 1. Seite der «Strawanzerin» weiterhin eine der schönsten Coverseiten überhaupt bleibt.

Hefn

Heut hab i an Hefn kauft

an hefn do ko i nu mea kochn wos Guats kochn

mit dem beschichtetn Hefn

na supa mit so an Hefn brennt nix glei o

Heit hob i net nua an Hefn kauft

i hob ma a glei wos kauft zum Essn a

ma muass jo a wos essn jo

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Es geht vorbei

Der Stefansturm, der Ring, die Wiener Straßen,

das Rathaus und die dortige Partei,

die Opern und Theater gleichermaßen.

Ich weiß nicht, doch ich glaub, das geht vorbei.

Die Donauinsel und die ganzen Festeln,

in Ottakring die große Brauerei,
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Von Hobbys und Berufen

Hobbys sind von Berufen unterscheidbar, auch wenn man eine Person gar nicht kennt. Die Unterschiede zeigen sich deutlich an Geburtstagen. Nehmen wir beispielsweise einen Schlosser, der gerne fotografiert. Der bekommt zum Geburtstag bestimmt keine Dre… weiterlesen

«Wem dient das?»

Lokalmatador Nr. 359:

Alexander Maly berät und hilft Menschen, die alleine nicht aus der Schuldenfalle rausfinden. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto).

Dubioses. Steht auf dem Rücken des Ordners. Der Leiter der Schuldnerberatung zieht den Ordner a… weiterlesen

Der Elvis aus Weitra

Im Gespräch mit Robert Rausch, 81, Recording Artist & Radiostar

In den späten 1950er Jahren sorgte der sympathische St. Pöltner Robert Rausch als Jugendidol eines goldenen Pop-Zeitalters für Furore. Obwohl er die US-amerikanische Genreschöpfung Rock ’n‘ Roll dereinst selber nur aus Medien kannte, wurde er unt… weiterlesen

Headbangen im Weltraum

Musikarbeiter unterwegs … vorwärts und rückwärts zugleich

Parasol Caravan, eine Linzer Band, nützt eine massive, brodelnde 70er-Rock-Basis für psychedelische Ausflüge «into space» und anderes Unbewusstes.

Foto: Mario Lang

Wahrscheinlich habe ich die Suche nach einem lebensverändernden, lebe… weiterlesen

Margaretas Profession oder: Arbeit macht das Leben süß

Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder, denkt Margareta oder muss sie denken. Was für ein dummer Spruch, und doch kann sie beiden Sentenzen etwas abgewinnen, überlegt sie weiter, während sie ihre schwarze Franzosenkappe zurechtrüc… weiterlesen

Flüchtlinge erkämpfen eine solidarische Stadt für alle

Urbane Mobilität könnte ein Recht sein, das für jede_n gilt

Gratis Öffis für alle – dafür wurde Mitte Februar zwischen Westbahnhof und Erdberg demonstriert. Die Aktion für Freifahrt in den Wiener Linien ging von Aslywerber_innen und ihren Deutschlehrer_innen aus. «Thanks in advance for helping», hat einer… weiterlesen

El Presidente – vom Poetry Slam Richtung Hofburg

Eine etwas ungewöhnliche Kandidatur

Den einen ist sie als Flüchtlingsunterstützerin und Befürworterin des Grundeinkommens bekannt, den anderen als eine, die schreibt und Poetry Slams auf die Beine stellt, den dritten als Gewinnerin der Millionenshow. El Awadalla will als Bundespräs… weiterlesen

«Eine Steigerung um 200 Prozent!»

Ein bisserl verschlafen, ein bisserl hip: der Volkertmarkt

Im Zuge der Verlängerung der U2 zum Ernst-Happel-Stadion wurde dem Volkertplatz bzw. -markt im zweiten Bezirk ein Boom prognostiziert. Doch es will, und das ist vielleicht auch gut so, nicht so recht mit der Wiederbelebung klappen. Doris Kittler … weiterlesen

Licht und Schatten in L. A.

Auszug eines West-Coast-Trips:

Los Angeles ist nicht gleich Los Angeles. In dem jungen Moloch, wo nichts so ist, wie es scheint, blüht die Vielfalt. Der Autor Clemens Marschall wurde auf einer Etappe seiner Forschungsreise durch die USA vom Fotografen Kurt Prinz begleitet. Ers… weiterlesen

Entwurf einer kleinen Freiheit

Ein Roman über gemeinsame Utopien und individuelle Zweifel

Mit «wollen schon» erscheint am Wiener Buchmarkt ein Roman, der nicht nur vom kollektiven Schaffen handelt, sondern selbst im Kollektiv geschrieben wurde. Thomas Wallerberger hat ihn gelesen und mit drei der Autor_innen über die Utopien des Gemei… weiterlesen

Wunsch- und Albtraum

Aus der Kleinkindphase der Kommunikationstechnik

Verbunden sein, vernetzt, sichtbar und erreichbar sein jederzeit und überall – Realität? Wunschtraum? Albtraum? Mit der Etablierung von Internet und Mobiltelefonie entstanden auch Visionen bezüglich positiver und negativer Veränderungen, die die n… weiterlesen

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