Augustin 421 - 10/2016
Aufs Geld schauen
Der Augustin hat es mit rund fünfzigtausend Schnorrer_innen zu tun. Das ergab die Reichweitenstudie «CAWI Print». Unter Augustin-Schnorrer_innen verstehen wir jene Personen, die sich den Augustin nicht kaufen, sondern «nur» ausborgen. Wir drücken ein Auge zu.
In puncto Bekanntheitsgrad ist die erste österreichische Boulevardzeitung in guter Gesellschaft, und zwar mit der «Zeit». Diese gute Gesellschaft gibt uns aber auch zu denken, dass hierzulande die deutsche Wochenzeitung, wenn auch nur um ein paar Zehntelpunkte, bekannter ist als die Wiener Institution Augustin. Noch ein pikantes Detail zum Thema Bekanntheitsgrad: Wenig überraschend sagt vielen Leuten mit höherem Einkommen der Augustin nichts, doch zu unserer großen Überraschung wird er von relativ vielen Gutverdienenden, die ihn kennen, auch gelesen. – Eh klar, aus sozialvoyeuristischen Gründen, meinte – natürlich scherzhaft – eine Kollegin.
Apropos Geld: In der vorliegenden Ausgabe dreht es sich relativ oft um die Marie. Uwe Mauch begleitete einen Hilfsgütertransport nach Rumänien und Moldawien, um sich vor Ort ein Bild vom «Armenhaus von Europa» zu machen. Menschen verlassen dieses «Armenhaus» auch Richtung Wien oder Hamburg (siehe Seite 10), um hier oder dort ein erträglicheres Leben zu versuchen. Der «Kurier»-Redakteur und Augustin-Kolumnist («Lokalmatador_innen») möchte u. a. mit seinen «anwaltschaftlichen Sozialreportagen» bewirken, dass man wieder «genauer auf Arme hinschaut». – Wir möchten das auch und druckten daher ein ganzes Kapitel aus seinem Buch «Die Armen von Wien» ab (S. 16).
Auf die Antipoden, die sogenannte Elite, können wir hingegen nicht genauer hinschauen, sie entzieht sich in der Regel unseren Augen – geschweigen denn, dass wir uns mit ihr seriös beschäftigen könnten. Michael Hartmann hat Wege und Methoden gefunden, er ist sogenannter Elitenforscher. Der deutsche Soziologe wird Wien einen Besuch abstatten, um einen Vortrag zu halten (Näheres dazu auf S. 13).
Blicken wir abschließend noch einmal auf die Augustin-Schnorrer_innen zurück und nehmen wir an: Ein Fünftel von ihnen liest künftig den Augustin nicht auf Leih-, sondern auf Kaufbasis, so würden wir locker ohne unsere «Liebhaber_innen» auskommen. Was hinter den «Liebhaber_innen» steckt, werden wir wieder häufiger in Erinnerung rufen und beginnen damit in dieser Ausgabe. Im Sinne eines Propädeutikums stellen wir die beiden Menschen vom Büro «Stromstein» vor, die dieses Projekt konzipiert haben. Ihr Beweggrund, den Auftrag für ein Fundraising-Konzept für den Augustin anzunehmen, hat viel mit Liebe zu tun, doch lesen Sie selbst, auf Seite 5 …