Augustin 425 - 11/2016
Von Preisgeldern und Geldstrafen
Im Augustin kommen nur sehr selten sogenannte Prominente zu Wort. Zuletzt Toni Negri anlässlich seines 80. Geburtstages, doch das liegt auch schon wieder knapp über drei Jahre zurück. Für diese Ausgabe zogen wir die zurzeit wohl bedeutendste österreichische Schriftstellerin aus dem Promi-Register, nämlich Stefanie Sargnagel. Beim diesjährigen Bachmann-Wettlesen gewann die laut eigener Aussage von einer «wirtshausdunkelgrünen Aura» umgebene Autorin nur den mit siebentausend Euro dotierten Publikumspreis. Aber wer weiß, welche Auszeichnungen noch folgen werden, denn – Hand aufs Herz – wer hätte damit gerechnet, dass Bob Dylan den Literaturnobelpreis gewinnt!?
Noch ein bisschen höher als der Publikumspreis beim Bachmannwettbewerb ist der Österreichische Staatspreis für Kulturpublizistik dotiert. Dieser wurde am 16. November Alfred J. Noll verliehen, der das damit verbundene Preisgeld in der Höhe von zehntausend Euro dem Augustin weiterreichte (S. 12). – Herzlichen Dank! Der Autor Noll kann sich diese großzügige Geste erlauben, da er in seinem anderen Berufsleben ein erfolgreicher Anwalt ist. Sargnagel hingegen arbeitete noch vor gar nicht allzu langer Zeit im Call-Center und pickte sich aus der «Strawanzerin», der Beilage des Augustin, ob ihrer angespannten budgetären Situation Veranstaltungen mit freiem Eintritt heraus, wie sie Lydia Haider verriet (S. 24).
Osariemen Sunday konnte über zehn Jahre lang relativ ungestört seiner «Arbeit» nachgehen. – Er verkauft den Augustin am Schottentor. Doch heuer hätten ein paar Exekutivbedienstete damit begonnen, ihn zu sekkieren. Es gipfelte in zwei Strafverfügungen: Einhundert Euro für «aufdringliches» Verkaufen und noch einmal diesen Betrag für eine «Anstandsverletzung». Letzteres ist besonders brisant, da alle Indizien darauf hinweisen, dass Osariemen Sundays «Anstandsverletzung» darin bestehen dürfte, die amtshandelnden Polizist_innen mit der Wahrheit konfrontiert zu haben. Stichwort: ethnisches Profiling. Der Kolporteur vertraute sich nicht nur der Augustin-Redaktion an (S. 8), sondern wird auch an der Diskussionsveranstaltung «Obdachlosigkeit, Polizei und Justiz» im Bezirksgericht Meidling (28. November, 19 Uhr) teilnehmen. Weiters am Podium unter der Gesprächsleitung von Petra Stuiber («Der Standard»): Annika Rauchberger (Bettellobby Wien), Christine Miklau (Richterin), Michael Lepuschitz (Polizeijurist, Stadthauptmann) und Redaktionskollegin Lisa Bolyos.
Die richtig fetten Beträge lässt die öffentliche Hand für Großbaustellen springen, bloß gibt es in Österreich noch kein Bewusstsein dafür zu hinterfragen, wer außer der Baubranche noch davon profitiert. Robert Sommer bringt internationale Beispiele, wo Großprojekte aufgrund von Widerstand aus der aufgeklärten Zivilgesellschaft zu Fall gebracht wurden (S. 6).
Man möge einwenden, das Donaukraftwerk Hainburg sei von der österreichischen Zivilgesellschaft (plus etwaigen deutschen Berufsdemonstrant_innen, falls diese im Jahr 1984 schon erfunden waren) verhindert worden. Die Proteste waren aber ökologisch, nicht ökonomisch motiviert. Jedenfalls haben wir kein Kraftwerk Hainburg vor der Toren Wiens, im Gegenteil, seit 20 Jahren besteht der Nationalpark Donau-Auen, den Veronika Krenn anlässlich dieses Jubiläums besuchte (S. 16).