Augustin 433 - 04/2017
Zwei Schwerpunkte in einer Ausgabe
Wenn man als Journalist_in aus einem Pressebüro (sei es aus der Politik oder der Privatwirtschaft) als Antwort «Da muss ich nachfragen» zu hören bekommt, kann man erstens davon ausgehen, eine unangenehme Frage gestellt zu haben, und zweitens damit rechnen, dass nicht nachgefragt, sondern nur im Sinne einer rhetorischen Abwehrtaktik hingehalten wird.Mit diesem Defensivverhalten, wie es in der Welt des Sports heißen würde, sah sich Kollegin Lisa Bolyos für ihre Reportage über das Grazer Murkraftwerk nicht nur einmal konfrontiert. Dieses Großprojekt ist aber leider nicht das einzige in Österreich, das es zu hinterfragen gilt. Da hätten wir noch den Brenner-Basistunnel oder die dritte Piste für den Wiener Flughafen, zwei Paradebeispiele für Steuergeldverschwendung (und Naturraumzerstörung). Und um das Geflecht aus wirtschaftlichen und politischen Interessen, das hinter diesen und weiteren infrastrukturellen Maßnahmen steckt, ein wenig aufzudröseln und transparenter zu machen, hat sich unsere Redaktionskollegin kurzerhand entschlossen, ein acht Seiten starkes Augustin-Extrablatt über «(Groß-)Projekte, die die Welt nicht braucht» herauszugeben (dieser Ausgabe beigelegt).
Im Blattinneren finden Sie ein weiteres Schwerpunktthema, nämlich Sport. Klar, mit Frühlingsbeginn sollen ja wieder ein paar Kilos runterpurzeln. Wir geben Ihnen für dieses Ansinnen die einfachsten Tipps, wie Sie mit praktisch null Aufwand wieder zu Ihrer Idealfigur kommen können. Sie brauchen dafür nur ein bisschen Geld in die Hand zu nehmen. Das war jetzt natürlich ein Scherz, aber zugleich auch eine Überleitung zur Titelgeschichte: Für ein Kunst- und Rechercheprojekt hat der Fotograf Klaus Pichler an Esoterikszenen angedockt und uns zu seinen Erkenntnissen ein Interview gegeben (Seite 24). Wir staunen nur noch, was der Eso-Markt alles an Wundermitteln anbietet.
Auf den Seiten davor finden Sie aber wirklich den Sport-Schwerpunkt. Wir möchten damit vor allem jene Augustin-Leser_innen bekehren, von denen wir wissen, dass sie unsere reguläre Fußballseite konsequent überblättern. Fußball dient im Augustin in erster Linie als Aufhänger, um hinter den (Sport-)Kulissen auf gesellschaftspolitisch und/oder kulturell relevante Felder zu blicken: auf dubioses Wirtschaften (Seite 11), auf Normativität vs. Anarchie (Seite 18), auf Stadt(entwicklungs)geschichte (Seite 20) oder auf Rassismus (Seite 21). Komplettiert wird der Sport-Schwerpunkt von einer Reportage über Fraueneishockey in Wien (Seite 16) – ein Thema, das Sportmuffel mit einem einfachen Rittberger über ihre Schatten springen lassen könnte.
Der guten Ordnung halber sei abschließend noch eine weitere gern verwendete Abwehrreaktion aus den Presseabteilungen angeführt: «So kann man das nicht sagen.» Oh, doch … die vorliegende Ausgabe samt Augustin-Extrablatt möge das belegen.