Augustin 481 - 05/2019
Hinausbewegen
In letzter Zeit verteidigen immer wieder einige Soziolog_innen die «armen Reichen», die «aus Neid» von weniger Wohlhabenden und Linken «angegriffen» werden. Geht es da tatsächlich um Neid? Oder nicht eher um Ärger, wenn denen, die wenig haben, noch genommen wird und ihnen ihre Armut, ihre geringe Bildung, ihre schlechte Gesundheit zudem vorgeworfen wird?
Und sind Forderungen, jene, die viel mehr besitzen, als sie je zum Leben benötigen, stärker zu besteuern, um Ressourcen innerhalb der Gesellschaft umzuverteilen, angriffig? Selbst die Fleißigsten unter den «Oberen 10.000» arbeiten nicht 100-mal mehr als jemand in einer Putzkolonne oder ein_e AUGUSTIN-Verkäufer_in.
Im Übrigen ärgert die meisten Menschen nicht, dass z. B. ein Rene Benko oder ein Dietrich Mateschitz viel mehr Geld hat als sie, sondern dass andere «unverdient» finanzielle Zuwendungen erhalten und angeblich besser behandelt werden als sie selbst und dass jene, die sich vorgeblich für sie einsetzen, sich nur gegenseitig Posten, Güter, Knete zuschieben.
Aufbegehren ist schwierig und risikoreich, daher wird gern nach unten getreten, und als Schuldige an der Misere werden «die Ausländer», «die Flüchtlinge» … bezeichnet. Bekannterweise nutzen und fördern rechte und rechtsextreme Parteien diese Denkweise und suggerieren ihre Ideen als Lösungen für alle Probleme. Darum geht es in Ulli Gladiks neuem Dokumentarfilm Inland, in dem sie mit FPÖ-Wähler_innen über ihre Motive, diese Partei zu wählen, redet. Lisa Bolyos hat die Filmemacherin interviewt, die ihren Film auch als «Aufforderung (sieht), sich ein bisschen aus der eigenen Blase herauszubewegen» (S. 26).
Bleiben wir beim Stichwort «bewegen»: Auch beim Reisen ist es möglich, sich nicht nur physisch woanders hinzubewegen. Wer im Urlaub in seiner Blase verharren möchte, bucht All-Inclusive, wer von seinem Ferienort etwas mitbekommen will, hat viele Möglichkeiten. Ein neues Konzept nachhaltiger Tourismusunterkünfte stellt Paweł Kamiński am Beispiel Venedig vor: Fairbnb ist nicht profitorientiert und unterstützt lokale Umwelt- und Sozialinitiativen (S. 6).
Auch der AUGUSTIN bewegt sich ein wenig, und zwar aus seiner technologischen Rückständigkeit. In Kürze geht unsere neue, übersichtlichere und nun endlich auch smartphone- und tablet-taugliche Homepage online. Auf Seite 3 stellen sich die technischen Masterminds dahinter, Helmut Hejtmanek und Michi Trinh, vor. Ein großes Danke auch an unsere Online-Medien-Verantwortliche Claudia Poppe.