Augustin 491 - 10/2019

Blätterverhalten im Herbst

Wie sich das Blatt wenden kann: Ende Jänner dieses Jahres wollten unsere Mitarbeiterinnen Mareike Boysen und Nina Strasser die Kraftausdauersportlerin Raphaela Edelbauer zu den österreichischen Indoor-Rudermeisterschaften (!) nach Ottensheim begleiten. Aber aus dem Porträt ist damals nichts geworden, denn Edelbauer musste wegen einer Knieverletzung den Wettkampf absagen.
Nun konnte das Porträt nachgeholt werden (Seite 22), nicht dass das Knie wieder voll belastbar wäre, sondern Raphaela Edelbauer steht vor ihrem größten Erfolg als Autorin, sie schaffte es auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises (die Entscheidung wird am 14. Oktober bekanntgegeben). Beeindruckend diese Vielseitigkeit, im Sport und in der Literatur firm zu sein, das trifft sowohl auf Edelbauer als Praktikerin als auch auf Boysen als Theoretikerin zu.
Die Literatin absolviert keine Lesungen im herkömmlichen Sinne, sie betreibt Schwerathletik-Performances mit mehr Hantelscheiben als Manuskriptblättern ausgestattet. Sie verrichtet aus freien Stücken schweißtreibende Schwerstarbeiten, um damit einen Kontrapunkt zur üblichen Bühnenpräsenz von Autorinnen zu setzen.
Aber nicht deswegen wählten wir einen Lippenstift als Titelmotiv, sondern wegen der «Unruhestifterinnen» in einer Wiener Filiale der internationalen Parfümeriekette Douglas. Dort müssen die Mitarbeiterinnen einerseits Spind- und Taschenkontrollen über sich ergehen lassen, andererseits ist diese Filiale personell stark unterbesetzt, wodurch enorme Arbeitsbelastungen entstehen. In logischer Konsequenz wollten Angestellte einen Betriebsrat gründen, mit dem Resultat, dass sie gehen mussten. Markus Schauta sprach mit den Betroffenen (Seite 6).
Auf welcher Seite unser Ex- und wohl auch künftige Kanzler steht, auf jener der Arbeitnehmer_innen oder der Arbeitgeber_innen, ist bekannt. So wenig er Politik für die Angestellten von Douglas macht, so wenig macht er sie etwa für LKW-Fahrer, wie sie Wenzel Müller auf der Raststätte in Guntramsdorf angetroffen hat (Seite 12). Es ließen sich noch viele weitere (Berufs-)Gruppen aufzählen, die alles andere als von Türkis profitieren, trotzdem konnte der Lenker des Geil-o-Mobils einen fulminanten Wahlsieg einfahren. Wie das!? Die Antwort dazu liefert Richard Schuberth auf Seite 8: weil Kurz ein «Android mit Mission» ist.
Wir gehen davon aus, dass unsere Leser_innen eher keinen Androiden gewählt haben, und dass es ihnen meist recht ist, wenn es menschelt. In diesem Sinne wird sich dieses Blatt auch nicht wenden.

wos is los … beim Augustin

Die erste große Chance

Mit dem Wintersemester betritt die Augustin-Redaktion Neuland: Erstmals gibt es eine offizielle Kooperation mit einer (Fach-)Hochschule, nämlich mit dem Studienbereich «Journalism & Media Management» der Fachhochschule Wien. Dabei erhalten rund 4… weiterlesen

Von Freiheit und Lebensträumen

AUGUSTIN-Verkäufer Alex

Ich verkaufe den AUGUSTIN seit drei Jahren. Vorher habe ich woanders gearbeitet, und davor war ich im Gefängnis. 1999 war ich bei einer Demonstration wegen Markus Omofuma beteiligt – ein Afrikaner, den die Polizei umgebracht hat. Ich habe damals in e… weiterlesen

Der süße Duft des Arbeitskampfs

Bekommt die Parfümeriekette Douglas einen Betriebsrat?

Unruhestifterinnen. In Wiens zweitgrößter Douglas-Filiale riecht’s nach Problemen. Mitarbeiterinnen wollen einen Betriebsrat gründen und werden gekündigt. Markus Schauta hat nachgefragt. Foto: Lisa Bolyos

Sabrina E. und Selma B. kamen im Dezember … weiterlesen

Kurz – Android mit Mission

Kommentar

Experiment. Führt uns Donald Trump ­exemplarisch alle Unwäg- und Fehlbarbarkeiten der menschlichen Spezies vor, weist sein ­alpines Gegenmodell Sebastian Kurz in eine postanthropologische Zukunft. In Österreich hält ein technologisches Experiment Pro… weiterlesen

«Ich will gerne in der Wohnungslosenhilfe arbeiten»

Ausbildung für ehemals Obdachlose

«Ich war zweieinhalb Monate unter Anspannung, bis die Zusage gekommen ist», erzählt Herr Wurst, AUGUSTIN-Autor und vormals -Verkäufer. Seit Februar absolvierte er den Peer-Lehrgang vom neunerhaus, bei dem 20 ehemals wohnungslose Menschen ausgebildet … weiterlesen

Nachbarschaftshilfe

StoP macht Partnergewalt zum öffentlichen Thema

Leider kommt es innerhalb der Familie viel zu oft zu Gewaltausbrüchen, leider ist aber auch die Scheu, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, sehr groß. Es darf aber kein Tabuthema mehr sein. StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt bietet die Möglichkeit… weiterlesen

Wir können nicht anders!

Sachbuch: ziviler Ungehorsam in der Klimabewegung

Greta Thunberg sagte es beim UN-Klimagipfel Ende September ohne Umschweife: «Wieder werden heute keine Lösungen oder Pläne präsentiert werden, die den Vorgaben entsprechen. Aber wir werden euch damit nicht davonkommen lassen. Die Welt wacht auf. Die … weiterlesen

Ankommen und Vorhang zu

Ununterbrochen auf Achse geht nicht. Zwischendurch müssen LKW-Fahrer immer wieder Pausen einlegen. Nur gut, dass sie ihren Wohnbereich ständig mit sich führen. Wenzel Müller (Text und Fotos) hat die Fernfahrer-Szenerie auf der Raststätte Guntramsdorf… weiterlesen

Nur ned hudeln

Orientierungslauf im Gemeindebau

Mit Chip und Karte durch den sogenannten Indianerhof. Einen ungewohnten Anblick bekamen Hannes Gaisberger (Text) und Carolina Frank (Fotos) jüngst in einem Meidlinger Gemeindebau geboten: Orientierungsläufer_innen vom Schul- bis zum Pensionsalter ero… weiterlesen

«Wir mussten einsteigen»

Lokalmatadorin

Ruba Diab führt nun in Meidling einen Beauty-Salon. Zuvor war sie in Damaskus erfolgreich. Von Uwe Mauch (Text) und Mario Lang (Foto)

Im vorderen Bereich des Salons, zur Straße hin, werken junge Männer mit Scheren und Rasiermessern, im hinteren Be… weiterlesen

Über die lächerliche Körperlichkeit des Seins

Das flüssige Land – So der Titel des ­Debütromans von ­Raphaela Edelbauer, mit dem sie für den ­Deutschen Buchpreis nominiert ist. ­Mareike Boysen (Text) und Nina Strasser (Foto) haben die Ausnahmeliteratin und Ausdauersportlerin an mehreren Orten in… weiterlesen

Vom furchtbaren Schießen zum fruchtbaren Sprießen

Rechte Erinnerungskultur: die Wiener «Trümmerfrau»

In der Mölker Bastei sitzt eine Frau aus Metall. Für die Errichtung des «Trümmerfrauendenkmals» hat sich Heinz-Christian Strache stark gemacht. Wolfgang Beyer über rechte Erinnerungskultur, ­Opfermythen und die Trümmer der Vergangenheit. Foto: Caroli… weiterlesen

Im Endeffekt ist es nicht so tragisch

Musikarbeiter unterwegs … bis nach Kasachstan

2011 in der Steiermark gestartet, sind Viech, die Band, heute ein Wiener Trio. «Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren» ist der schöne Titel ihres jüngsten Albums. Text: Rainer Krispel, Foto: Mario Lang

Womöglich habe ich am Weg nach Ger… weiterlesen

Offen und fragil

was immer gerade die regel:
die eigen-art zählt –
und beuge ich
mich
nicht.
Aus dem Gedicht «eigene wege»

Bewegt sich die Zeit einer Linie entlang oder ist sie ein kreisförmiges Phänomen? Sehen wir die Abfolge der Jahreszeiten, wiederholt sic… weiterlesen

Stadtleben durchs Objektiv gesehen

Ausstellung: Straßenfotografie

Straßenzeitung und Straßenfotografie haben etwas gemeinsam, der öffentliche Raum ist ihr Revier. Für Beobachtungskünstler_innen hält das Alltagsleben in der Stadt viel parat. Das Kunsthaus Wien zeigt in der Ausstellung Street. Life.Photography Fotos … weiterlesen

Ihr elenden Augen

Eine Erzählung

Ein Schimmer würde ihr bleiben, hat der Arzt gesagt. Voraussichtlich, aller Wahrscheinlichkeit nach, den bisherigen Erkenntnissen zufolge, hat er gemeint, schon damals, gleich als sie sich das erste Mal an ihn gewendet hat, weil ihr die Kirchtürme zu… weiterlesen

Soll Hüseyin kandidieren?

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (135)

Eine turbulente Zeit, orkanartig wehte es über die österreichische politische Landschaft am 29. September. Viele Dächer bestimmter Parteien haben dem nicht standgehalten. Bei manchen eiserne Mienen, bei manchen Ausstoß vieler Glückshormone. Zwar hat … weiterlesen

Tanzen, Trump & Wahlkampf-Terror

Gottfrieds Tagebuch im Oktober

9.

Ich gerate völlig unschuldig in ein Gespräch über das Tanzen und erfahre dabei, dass in diversen TV-Sendern immer wieder mehr oder weniger gerne getanzt wird. Derzeit zwar nicht, aber dank Internet darf man die daran teilnehmenden A-Z-Promi… weiterlesen

teilen: