Augustin 498 - 02/2020
Zu Kaisers Zeiten
Für fünf Tage bezieht Herr Hüseyin (S. 33) Anfang des Jahres ein Hotel in Berlin, um die Stadt zu erkunden und seiner nachhaltigen Reiselust zu frönen, die ihn seit der neuen Regierung erfasst hat. Freut sich dann aber – obwohl der Kaffee viel günstiger ist – doch wieder auf Wien. Im Hotel wohnen wollen oder im Hotel wohnen müssen, dass sind zwei paar Schuh’; die einen schmeicheln dem Fuß, die anderen drücken. Carina Sacher beschreibt in Willkommen im Hotel (S. 8) eine weltweite Entwicklung, die aus Hotels und Motels soziale Wohnbauten werden lässt – mit den entsprechenden sozialen und monetären Kosten. In Paris, Dublin oder der kalifornischen Bay Area rund um San Francisco ist das Wohnen so teuer geworden und die Wohnversorgung der öffentlichen Hand dermaßen geschrumpft, dass vielen mehrköpfigen Familien keine Alternative zum Hotelzimmer bleibt. Dass dabei vom Glanz und der Mondänität von Hotelaufenthalten à la Joseph Roth oder Simone de Beauvoir nichts mehr übrig ist, versteht sich von selbst.
Auch einer anderen Angelegenheit ist der Glanz ein wenig abhanden gekommen: dem österreichischen Adelsleben. Träume von der Wiederkehr eines habsburgischen Herrschers und Beschützers und den dazugehörigen Untertanen werden in einem Kaffeehaus in Wien Alsergrund gepflegt – das trägt den atmosphärischen Namen Monarchie. Weil jede gute Boulevardzeitung ihre royal story braucht, hat Lena Öller sich für unsere Covergeschichte in die Nußdorfer Straße aufgemacht und dort handfeste politische Zukunftsvisionen angetroffen: in Schwarz und Gelb.
Zu Kaisers Zeiten – wir wissen es aus einschlägigen Historiendramen – haben sich gekränkte Männer mit Degen und Säbel duelliert. Tatsächlich ist Fechten aber seit der Athener Gründungsstunde 1896 schon olympische Disziplin – ein paar Jahre nur für (ungekränkte) Männer, 1920 stiegen die Frauen mit dem Florettfechten ein. Geschlecht egal gilt im Säbelfechttraining des Wiener Sport-Clubs, dem Wenzel Müller (S. 17) beiwohnte – und dabei wenig mehr als Bahnhof verstand. Eine sportliche Lektüre wünscht Lisa Bolyos.