Augustin 525
Journal der Randerscheinungen
Vor zehn Jahren erschien Robert Sommers Buch Wie bleibt der Rand am Rand? Reportagen vom Alltag der Repression und Exklusion, in dem sich der Augustin-Mitgründer mit dem System des An-den-Rand-Drängens und Ausschließens von Menschen, «deren Integration – entgegen aller politischen Beteuerungen – nicht vorgesehen ist», auseinandersetzt – Integration gemeint als Teilhaben an finanziellem Reichtum, an Politik, Diskurs, Unterhaltung usw. Informationen und Geschichten zum «Rand» erhielt Robert in seiner Straßenzeitungs-Arbeit, vor allem im Kontakt mit den Verkäufer_innen. Erfahrungen, die die redaktionelle Arbeit beim Augustin auch heute prägen und besonders machen. Generell ist der Augustin ein «Journal der Randerscheinungen» nicht nur sozialer Ausprägung.
Radio schien sich zur Randerscheinung zu entwickeln, sogar der Tod des Mediums wurde des Öfteren prognostiziert. Mittlerweile erfuhren Hörsendungen, ob klassisch über UKW gesendet oder als Podcast übers Internet abrufbar, ein regelrechtes Revival. In unserer Coverstory beschäftigt sich Julia Grillmayr mit dem Format des Talk Radio und befragte sechs Hosts zur Kunst des Live-Gesprächs (Seite 6). Carolina Frank porträtierte die Hörfunkmacher_innen fotografisch.
Barbara Soukup befasst sich wiederum mit schriftlichen Randerscheinungen, nämlich den Beschriftungen von Dingen im öffentlichen Raum. Die Sprachforscherin und ihre Studierenden untersuchen Plakate, Kanaldeckel und sogar Schrauben, mit denen Mistkübel fixiert sind. Uwe Mauch und Mario Lang haben Frau Soukup als Lokalmatadorin dieser Ausgabe getroffen (Seite 19).
Das Kasperltheater ist im Bereich der Kinderunterhaltung ebenfalls zur Randerscheinung geworden, und in der Coronazeit noch mehr. Frank Jödicke schreibt in seinem Beitrag über die Geschichte und Gegenwart des wienerischen Spaßmachers, der sich gegen die Konkurrenz von Pokémon & Co. noch behaupten kann (Seite 22).
Von den Rändern der Stadt, der Gesellschaft, der Kunst berichtet der Augustin, und lässt die, die sonst nicht im Zentrum stehen, zu Wort kommen. Vera Vasiljković etwa erzählt wie der irrtümliche Kontoabzug hoher Fernsehgebühren beinah die kleine Urlaubsreise der Alleinerzieherin und ihrer Tochter zunichte machte (Seite 31).