Augustin 528
Na ausgezeichnet!
Müssen Sie mit der Kunst Geld verdienen?, fragen wir Iris Kopera im Coverinterview. «Nein, das muss ich nicht», sagt sie und legt nach: «Ich habe einmal beim AMS eine Ausstellung gehabt. Da habe ich gesagt: ‹Früher haben Sie mich rausgeschmissen, und jetzt stelle ich hier aus!›»
Augustin-Premiere: Das Titelgespräch mit Iris Kopera haben wir in Einfache Sprache übertragen lassen. Kopera arbeitet in einem Beratungszentrum für Menschen mit Lernschwierigkeiten, und eine ihrer zentralen Forderungen ist die nach einer Sprache mit weniger Barrieren. Was Einfache Sprache ist und wie sie sich liest, erfahren Sie ab Seite 7.
Noch ein Wort zum Sprachgefühl. Wie lange Sie schon in Wien leben (und wie groß Ihre Integrationsbestrebungen sind!), lässt sich unschwer daran ermessen, wie oft sie einem positiven Wort durch eine subtile Varianz in der Intonation negative Bedeutung zukommen lassen. Super, toll, großartig – oder: Das ist ja das Allerbeste! Kein Superlativ so vielversprechend, dass er aus dem Mund der Wienerin nicht sein Gegenteil bedeuten könnte. Umgekehrt ist es denn auch ihr Los, dass man ihre Komplimente selten für bare Münze nimmt. Immerzu suchen die zugereisten Gesprächspartner_innen nach einem tonalen Beleg dafür, dass der entzückte Ausruf «Na ausgezeichnet!» gar nicht ernst gemeint ist.
Dabei ist es wirklich ausgezeichnet, dass dem Augustin-Kollegen Richard Schuberth (S. 16) der Theodor Kramer Preis verliehen wird – gemeinsam mit der feministischen Schriftstellerin und Redakteurin der feministischen Zeitschrift AUF Eva Geber (S. 25), und genau fünfzehn Jahre nach Augustin-Mitgründer Robert Sommer. Ein astreines Ruhmes- und Geldvergnügen, dem nicht einmal Thomas Bernhard, wäre er in den Genuss gekommen, in einem Kramer-Kapitel in Meine Preise etwas Beleidigendes abgewinnen hätte können.
Ausgezeichnet wurde auch Elsza Brandeisz, nämlich als Gerechte unter den Völkern. In ihrem Ferienhaus an der Nordküste des Balatons bot sie mehreren Menschen ein Versteck vor der Naziverfolgung – darunter auch späterer Prominenz, namentlich dem jungen George Soros. Brandeisz, die vor wenigen Jahren 110-jährig verstorben ist, ehrt Erwin Riess auf Seite 32, wo er diesmal nicht Herrn Groll, sondern den Dozenten auf Reisen schickt.