Augustin 541
Aufregethemen
Herrliche Zeiten für Leute, die sich gern aufregen, und auch jene, die nicht gern grollen, finden mühelos ein, zwei Aufregethemen: Lockdown, Versagen der Politik, tagelanges Warten auf PCR-Testergebnisse … und der neue ÖBB-Fahrplan. Letzterer ist noch nicht fixiert, «vorläufig» wird ab Mitte Dezember eine S-Bahn-Verbindung gestrichen, was eine bisher vierstündige Bahnfahrt, die ich zweimal im Monat aus familiären Gründen unternehmen muss, um eine Stunde verlängert. Die ca. 60 Zusatzminuten ergeben sich aus der Wartezeit auf einen Anschlusszug auf einem wirklich öden Provinzbahnhof. In der Antwort auf mein Protestmail an den ÖBB-Kundendienst heißt es u. a., dass die Auflassung der Zugsverbindung auch mangelnder Fahrgastfrequenz geschuldet sei – diese wird sich wohl dank der geplanten längeren Fahrdauer auch nicht erhöhen. Pech für führerschein- oder autolose Menschen, die sich in die Peripherie begeben müssen. Pech auch für die ökologischen Systeme, die die Folgen von immer schwereren KFZs und immer breiteren Straßen tragen. Um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, genügt es nicht, Bodenversiegelung zu stoppen. Robert Sommer fordert in der aktuellen Coverstory (S. 6) daher Entsiegelung durch Rückbau von Asphaltstraßen auf Güterwege. Die Ästhetik von Erd- und Schotterwegen haben Wenzel Müller (Cover) und Lisa Bolyos (Fotos S. 6–9) mit der Kamera dokumentiert.
Die Ästhetik des Nicht-Glatten, Imperfekten ist ein Hauptmerkmal von «sweded films», das sind mit einfachen Mitteln nachgestellte Kino- und TV-Szenen. Mitarbeiter_innen von Forum Obdach und Augustin waren am Projekt Sweded TV im Tanzquartier Wien unter der Regie von Jakob Lena Knebl und Barbara Kaiser beteiligt. Das vergnügliche Ergebnis: ein Video nach legendären österreichischen TV-Momenten. Mehr dazu von Kollegen Andreas Fellinger auf S. 22.
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen bedanken, die den Augustin kaufen (Ausgabe 540 war ausverkauft!), den Augustin-Kalender, Stimmgewitter-Tonträger usw. erwerben, und auch bei jenen, die unserem Spendenbrief, der dem vorigen Augustin beigelegt war, folgen: Ihre Unterstützung sichert dem Augustin und seinen rund 500 Verkäufer_innen auch nach dem zweiten Coronajahr das Überleben.