Augustin 552
Vagabund:innen
Ein Boulevard ist eine Prachtstraße. Eine, auf der sich alles trifft, zum Flanieren, Schauen, (unmotiviert) Verweilen, Plaudern, Zeitungen Kaufen und Verkaufen. Im besten Fall hat der Boulevard ein paar Bankerl, auf denen mensch unter schattenspendenden Bäumen sitzen und – wichtig – liegen kann. Der Boulevard ist also etwas Elegantes, nicht nur, weil das Wort französisch ist. Gleichzeitig klingt es nach Schund, wegen so mancher Zeitungen.
Auf diesem Boulevard der Doppeldeutigkeit wurde 1995 der Augustin gegründet. Massentauglich, aber kein Schmarrn. Seriös: immer. Elegant: ja, aber von unten. Der Armut nicht mit Wohltätigkeit begegnend, sondern mit einem politischen Verständnis ihrer Ursachen. Diese Geschichte der ersten österreichischen Boulevardzeitung, und zwar von fünf Seiten betrachtet, hat Lisa Bolyos in Vagabondage am Boulevard, der aktuellen Coverstory (S. 6), aufgeschrieben. Der Augustin möchte sich nämlich wieder mehr ins Bewusstsein der Stadt einschreiben, weil die Pandemie den Zeitungsverkäufen zugesetzt hat. Für das Projekt und die Verkäufer:innen ist das schwierig. Kurz gesagt: Es sollen wieder mehr Leute den Augustin kaufen und lesen. Darum möchten wir möglichst vielen seine Geschichte erzählen. Und wir starten auch eine Leser:innenkampagne, die wir am 24. Mai (um 10 Uhr) bei einer Pressekonferenz im Depot vorstellen – samt Überraschungsvertriebsidee. Das Konzept der Kampagne hat die Agentur Pick&Barth erdacht, und wir werden dafür viel auf Social Media umherziehen. Follow us, wer mag und kann!
Die Vagabondage aus der Großstadt Wien hinaus hat Stefan angetreten, den Florian Müller und Heinz S. Tesarek in der Klosterneuburger Au für eine Reportage besucht haben (S. 10). Stefan ist obdachlos und wegen Polizeischikanen lieber aufs Land gegangen. Dort lebt er als «Wiesler» unter Schwänen, weit und breit kein Boulevard.