Augustin 563
Wege aus der Medien-Misere
Bei Redaktionsschluss hat in dem modernen bürgerlichen Trauerspiel Chat-Nachrichten mit Thomas Schmid in der Hauptrolle ein neuer Akt begonnen. Sein Inhalt: die Verfilzung von Politik und (vermeintlich) seriösen Medien. Was hier öffentlich geworden ist, ließ wohl bei allen, die ein bisschen Wert auf unabhängigen Journalismus legen, die Haare zu Berge stehen. Die Nebenrollen wurden mit Rainer Nowak, Chefredakteur der Tageszeitung Die Presse, und Matthias Schrom, ORF-TV-News-Chefredakteur, besetzt. Letztgenannter hat zum Zeitpunkt, als dieses Editorial verfasst worden ist, bereits seinen Hut nehmen müssen. Erstgenannter wird, wenn diese Zeilen erschienen sind, auch seinen Job losgeworden sein – und das ist gut so. Nur ist zu befürchten, dass dieser Akt noch nicht zu Ende ist und noch weitere Nebenfiguren vor den Vorhang treten werden und der bereits angerichtete Schaden noch größer wird.
Doch es gibt andere Wege als jene in die Misere, in die sich gerade klassische, aber auch soziale Medien (im Moment Twitter und Facebook) selbstverschuldet hineinmanövrieren. Einen geben etwa Straßenzeitungen vor, die buchstäblich mit Street Credibility punkten können. Warum? Die Lebenswelten ihrer Macher:innen überschneiden sich in aller Regel nicht mit jenen von Berufspolitiker:innen. Das klingt simpel, aber trägt mehr zur Unabhängigkeit bei, als man auf den ersten Blick vielleicht vermuten würde.
Bestes Beispiel dafür ist Augustin-Mitbegründer und mittlerweile Rentner Robert Sommer. Würde er regelmäßig mit SPÖ-Politiker:innen bei einem Achterl sitzen, wäre sein Urteil über die Seestadt Aspern wohl milder ausgefallen (S. 6). Komplettiert wird das Coverthema «Commons» durch Kollegin Jenny Legenstein, die mit der Kultur- und Sozialanthropologin Lisa Rail über das Gemeinwesen in ländlichen Regionen gesprochen hat (S. 8), die, das sei hier nebenbei angemerkt, aufgrund der üppigen Vertriebsförderung bestens mit Boulevardmedien versorgt sind. Also höchste Zeit für ein komplett neues Presseförderungsgesetz.