Augustin 575
Setzen!
Wir haben die öffentliche Möblage einem Test unterzogen
Immer mehr Hängematten tauchen im Stadtraum auf. Nicht, weil die Hippies sich von der Lobau in die Innenstadt vorwagen, sondern weil Wien seine öffentlichen Plätze und Parks damit bestückt. Ein aus festem Seil geknotetes, entsprechend unanschmiegsames Stück schwingender Freiheit, das ich manchmal vor dem Bezirksamt in der Josefstadt oder im Bruno-Kreisky-Park beziehe – allerdings kaum länger als fünf Minuten, denn dann setzt verlässlich der Rückenschmerz ein. Ist das leider misslungenes oder absichtsvoll gemeines Design? Wurde aus der Wiener Rast- eine Vertreibungskultur? Nicht vertrieben, sondern im Gegenteil angehängt fühlt sich, wer die Schaukelsitze in der Zollergasse ausprobiert: schmale, schwarze Gummistreifen, nach oben und unten angekettet – was nach schlichtem Sado-Maso-Interieur klingt, soll modern, urban und dabei doch ungefährlich sein. Meinen Selbstversuch begleitete neben Kollege Bigus mit der Kamera ein etwa vierjähriger Stadtbürger, dessen Drang, das Ding wider jede Wahrscheinlichkeit zum Schaukeln zu bringen, stark gezügelt wurde – wer sich nicht bewegt, spürt seine Fesseln nicht … Aber wenn die Wienerin und ihre Straßenzeitung auch sehr gern meckern, müssen wir an dieser Stelle doch zugeben: Es gibt ein paar wirklich gemütliche, zweckmäßige und hübsche Sitz- und Liegemöbel in der Stadt! ÖBB und Wiener Linien stellen zwar weiterhin ihr Modell «Bank mit vier Armlehnen» auf, das neben dem Zweck, Obdachlose am Schlafen zu hindern, auch noch den Zweck erfüllt, Redakteurinnen zum Planking (und den Fotografen zum Lachen) zu bringen – und das hat selten wer geschafft. Aber geschwungene Doppelliegen, ganze öffentliche Terrassen voller Langbänke und Pausenbankerl an Orten, wo sie niemand vermutet hätte, stimmen uns optimistisch. All das und noch viel mehr ergab der Test, dem Jenny Legenstein und ich mit Kolleg:innen aus dem Augustin-Verkauf die öffentliche Möblage unterzogen haben. Wo Sie am besten kurze Pausen und lange Nächte verbringen, und wo Sie nur rasten sollten, wenn ihnen nach belebenden Verrenkungsübungen ist, erfahren Sie ab Seite 6.
Coverfoto: Michael Bigus