Augustin 579
Ein Paradies – für wen?
Mit dieser August(in)-Ausgabe möchten wir Ihren kritischen Geist auf viele Reisen einladen. Wir starten mit den Kanalinseln Guernsey und Jersey, denn wir fragten in der Ausschreibung fürs Reportagestipendium 2022 «Wo is das ganze Knedl hin?». Die Fotografin Mirjam Reither und der freie Journalist Wolfgang Machreich antworteten kurzgefasst mit «ins Steuerparadies Kanalinseln» und holten sich damit das Stipendium. Nun kann ihre Augustin-adäquate Reisereportage als Coverstory präsentiert werden (S. 6).
Neben Steuer- gibt es auch «Almenparadiese», so bewirbt etwa der Tourismusverband Seefeld das Gaistal. Aber auf einer Alm herrschen nicht nur paradiesische Zustände, wie Lisa Francesca Rail in doppelter Hinsicht weiß: als Forscherin und als Hirtin! In ihrem Beitrag behandelt sie die Kluft zwischen der wertvollen Arbeit und der durchwegs schlechten Bezahlung der Älpler:innen (S. 14).
In der Blattmitte, im Ressort «vorstadt», hat sich das «Reich der Mitte» breitgemacht. Jede Seite ist mit China-Bezug, selbst am Schauplatz Donau finden sich Indizien, die zu dieser Volksrepublik führen. Tatsächlich Richtung Tianjin, einer Hafenstadt mit Provinzstatus, aufgebrochen ist Weina Zhao, nach eigenen Worten «Wahlfloridsdorferin» (siehe Augustin Nr. 533), um u. a. Geschichtenachhilfeunterlagen über «Österreichs vergessene Kolonie» (S. 20) zu schicken.
Ein «Isolation Camp» klingt beschwerlich (zu erreichen), doch vom Gegenteil konnte sich Christoph Fellmer im Wienerwald, genauer in Gießhübl, überzeugen (S. 24). Gut, dieses Camp wurde auch von Künstler:innen, und nicht etwa von Prepper:innen aufgeschlagen …
Mögen Sie, geneigte Leser:innen, viele Stunden im August in der Hängematte verbringen. Die eine oder andere vielleicht als Schlafprotest in der Mariahilfer Straße.
Text: Reinhold Schachner
Coverfoto: Mirjam Reither