Augustin 583
Das erste Opfer hieß Ferencz Kutasy
Eines muss man Kanzler Nehammer schon lassen: Er ist volksnahe, denn er weiß, wie viel ein Hamburger kostet. Der Aufschrei, den Nehammer in der Rolle als Armuts- und Ernährungsberater verursacht hat, ist zweifelsohne gerechtfertigt gewesen. Zugleich ist es auch bestürzend wahrnehmen zu müssen, wie andere Themen schnell wieder verschwinden. Zur Erinnerung: Im Sommer sind in Wien drei obdachlose Menschen Opfer von Messerattacken geworden. Zwei überlebten diese nicht! Welche Worte hat eigentlich der Kanzler dafür gefunden? Hat er überhaupt welche gefunden? Dabei müsste er sich der Problematik «Gewalt an Obdachlosen» spätestens seit dem Februar 2020, als die Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ) diesbezüglich eine parlamentarische Anfrage an den damaligen Innenminister Karl Nehammer gestellt hatte, bewusst gewesen sein.
Um diese Verbrechen an Obdachlosen wieder ins Bewusstsein zu holen, haben Nina Strasser und Heinz S. Tesarek in tage- und vor allem nächtelanger Recherche das Umfeld von Ferencz Kutasy, dem ersten Opfer, und alle drei Tatorte akribisch unter die Lupe genommen. Ihre Ergebnisse sind auf acht Seiten (6 – 13), zugleich eine der längsten Coverstorys in der Geschichte des Augustin, aufbereitet.
In einem weiter gefassten Sinne beschäftigt sich auch Mara Verlič in der Rubrik «Immo aktuell» (S. 16) mit dem Thema Obdachlosigkeit. Diese droht hierzulande immer mehr Menschen, denn auch der von der Bundesregierung angekündigte Mietpreisdeckel ist viel zu klein für den riesigen Topf mit der Aufschrift «Wohnkosten». Mit dem «Topf» sind wir wieder beim Thema Essen gelandet: Der Augustin ist billiger als ein McMenü, wie jüngst Kollegin Jenny Legenstein augenzwinkernd meinte. Er macht zwar nicht unmittelbar satt, doch durch den Kauf – neuerdings auch bargeldlos möglich! – wird die «Haushaltskassa» von armutsbetroffenen Menschen ein bisschen gefüttert.
Text: Reinhold Schachner
Coverfoto: Heinz S. Tesarek