Augustin 609
Bilder einer Demokratie
Was kann, was muss eine Demokratie aushalten und was nicht? In einer Demokratie müssen wir verhandeln, wie wir als Gesellschaft mit etwas umgehen. Auch um die Rechte von Minderheiten zu sichern. Jetzt haben wir einen schlagenden Burschenschafter als Präsident des Nationalrats. Walter Rosenkranz ist nämlich nicht nur Mitglied der FPÖ, sondern auch der Libertas. «Wir haben keine politische Diskussion darüber, ob das für unsere Demokratie akzeptabel ist oder nicht», sagt Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl im Cover-Interview zum Thema rechte Netzwerke und Männerbünde (S. 6).
Einen wichtigen Beitrag dazu lieferte die Jüdische österreichische Hochschüler:innenschaft (JÖH): Für diese war es nicht akzeptabel, dass Walter Rosenkranz am 8. November, dem Gedenktag an die Novemberpogrome, am Wiener Judenplatz einen Kranz niederlegen wollte. Mit einer Menschenkette hinderte sie ihn daran. «Wer sich vom Nationalsozialismus nicht glaubhaft abgrenzen kann, darf am Gedenken an seine Opfer nicht teilnehmen», findet JÖH-Präsident Alon Ishay.
Wie Strobl betont, geht es bei Burschenschaften auch um Männernetzwerke. Werden solche generell wieder gestärkt, auch ohne explizit rechten Hintergrund? Berechtigte Frage angesichts der sinkenden Beteiligung an Väterkarenz. In Österreich sei das Bild «Frau zu Hause, Mann bringt Geld heim» oft als Ideal verankert, meint der Sozialpädagoge Dieter Breitwieser-Ebster. Sarah Schwaighofer hat ihn für ihre Story über Papas in Karenz getroffen (S. 10).
Ob in oder außerhalb einer Karenz: Zeit für Hobbys ist wichtig. Etwa um bei der Amateurfilmgruppe Volksheim Ottakring mitzumachen und dort demokratisch auszuwählen, welche Filme zum Verbandswettbewerb eingereicht werden. Sogar Kollegin Lisa Bolyos wurde aufgefordert zu voten. Ob sie es gemacht hat, lesen Sie in ihrer Geschichte auf Seite 18.
TEXT: RUTH WEISMANN
COVER ILLUSTRATION: KARL BERGER