Ausgabe 442 - 09/2017
Kein Erweckungserlebnis
Peu à peu vollziehen sich Veränderungen im Augustin – einmal beginnt eine neue Kolumne oder Serie, dann gibt es hin und wieder Änderungen im Layout unserer Boulevardzeitung. Bloß nur kein Relaunch! (An dieser Stelle ist ein Smiley zu imaginieren.)Übrigens hat sich die Augustin-Redaktion zur Verwendung neuer Schriften durchgerungen – was wir nun, sieben Ausgaben nach der Umsetzung dieses Beschlusses, quasi offiziell bekanntgeben. Ein Alles-auf-den-Kopf-Stellen spielt´s jedenfalls nicht. In der vorliegenden Augustin-Nummer können wir aber immerhin mit zwei Novitäten aufwarten. Erstens haben wir, meines Wissens erstmalig in der 22-jährigen Geschichte unserer Straßenzeitung, Jesus Christus am Cover. Dies ist jedoch keinem Erweckungserlebnis der Redakteur_innen geschuldet, sondern dem Besuch Jakob Frühmanns im Giuseppe Conlon House, einem Londoner Ableger der Catholic-Worker-Bewegung, einer christlich-anarchistischen Vereinigung, die seit den 1930er-Jahren besteht und die sich für gesellschaftlich Marginalisierte einsetzt (Seite 6). Zweitens beginnt mit Angelika Adensamers Artikel «Mit Kanonen auf staatsfeindliche Spatzen schießen» (Seite 8) eine augustinische Kooperation mit «juridicum. Zeitschrift für Kritik – Recht – Gesellschaft». Autor_innen der Zeitschrift verfassen für den Augustin Beiträge, die sich mit aktuellen Rechtsfragen befassen. Angelika Adensamer setzt sich am Beispiel des neuen Gesetzes zu «staatsfeindlichen Bewegungen» mit den möglichen Folgen schwammig und unklar formulierter Gesetzestexte auseinander. Unter Umständen könnte das Gesetz zur Einschränkung der Meinungsfreiheit missbraucht werden. Mit ihrer Aussage «Unser ganzes Problem besteht darin, dass wir dieses dreckige, verrottete System akzeptieren» würde die Journalistin und Mitgründerin der Catholic-Worker-Bewegung Dorothy Day heutzutage vielleicht schon ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Ebenso stellt sich die Frage, ob sich die Musikarbeiter_innen Maren Rahmann und Didi Disko (Seite 28) mit ihren Vertonungen von Gedichten des Anarchisten Erich Mühsam nach dem ab 1. September in Kraft tretenden Gesetz nicht in Gefahr bringen.
Wir bleiben dabei, die Gedanken – das Aufschreiben von Gedanken und deren Verbreitung – bleiben frei!