Ausgabe 445 - 10/2017
Zahlen, die auf der Zunge zergehen
Eine überraschend gute Performance legt das reichste Prozent der Österreicher_innen hin. Es ist nämlich bedeutend vermögender als noch bis vor Kurzem angenommen: Das oberste Prozent besitzt nicht bloß 25 Prozent des gesamten Privatvermögens in Österreich, wie die Nationalbank in einer Befragung erhoben hat, sondern gar 41 Prozent, wie jetzt die Johannes-Kepler-Uni Linz in einer aktuellen Studie schätzt.Wir gratulieren und schauen in unserer Großzügigkeit über einen kleinen Schönheitsfehler gerne hinweg, nämlich je wohlhabender ein Paarhaushalt ist, desto weiter geht die Schere zwischen Männern und Frauen auseinander – die Typen sind markant vermögender als ihre Partnerinnen, wie die WU Wien herausgefunden hat.
Große Privatvermögen speisen sich bekanntlich gerne aus Immobilienbesitz, wovon unser Autor Hans Wurst (nicht verwandt oder verschwägert mit Conchita, Anm.) als Mindestsicherungsbezieher nicht einmal zu träumen wagt – sein Traum wäre eine banale Gemeindewohnung. Warum er aber keine bekommt, erzählt er in der fünften Folge seiner losen Serie «Wohnungsgeschichten» (S. 32).
Nicht nur Mindestsicherungsbezieher_innen, auch die freie Kunstszene braucht leistbare Räume, und paradoxerweise brauchen sogar «Freiräume» welche. Ruth Weismann fragte nach, woran es der freien Szene – abgesehen vom Kapital – mangelt (S. 24), und erfuhr, dass auch mehr Know-how rund um behördliche Auflagen kein Schaden wäre, bloß können die Vertreter_innen der freien Szene dafür nur schwer zeitliche und finanzielle Ressourcen frei machen. Die großen Kunsttanker hingegen wissen natürlich, wie ans Geld zu kommen ist. Das Volkstheater erhält für seine Generalsanierung einen Zuschuss von der öffentlichen Hand in der Höhe von 24 Mio. Euro (jeweils die Hälfte von Bund und Stadtgemeinde). Hätte der Freiraum V.E.K.K.S. bloß 0,1 Prozent davon abgestaubt, wäre dem Betreiber vermutlich keine Räumungsklage ins Haus geflattert (S. 29).
Angesichts solcher zahlenmäßigen Schieflagen möchte man es Marisa Kröpfl doch glatt gleichtun und nach Bhutan aufbrechen. Unsere neue Kolumnistin wird ab sofort (S. 35) aus jenem Königreich, wo bekanntlich das Bruttonationalglück (BNG) dem Bruttonationaleinkommen (BNE) der Vorzug gegeben wird, berichten. Wir sind schon sehr neugierig darauf zu erfahren, wie viel Anteil das glücklichste Prozent der Bevölkerung am gesamten Privatglück von Bhutan hat.